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Fünfte Kolonne…

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Dle Pessimisten behielten recht. Die pompöse zehnte Kärntner Oktoberfeier war nicht dazu angetan, die Gegensätze zwischen den zwei im südlichsten Bundesland lebenden Volksgruppen zu beseitigen. Der „Versöhnungsaufmarsch” zog eine Serie von Auseinandersetzungen nach sich, wie man sie in den letzten Jahren nicht erlebt hatte.

Es begann damit, daß Mittelschüler und Studenten (darunter auch Nichtslowenen) in Klagenfurt am Vorabend des 10. Oktober Flugblätter verteilten, und in Unterkämtner Orten nachgeholt wurde, was den Slowenen zwar garantiert, jedoch nie durchgeführt wurde: Man schrieb auf die Ortstafeln unter der deutschen auch die slowenische Ortsbezeichnung.

Den nächsten „Schlag” führte der „Kärntner Heimatdienst”. Im „Ruf der Heimat” konnte man lesen, die Geschichte werde unter die Gegensätze zweier Volksgruppen erst dann einen Schlußstrich ziehen, wenn eine dieser Volksgruppen nicht mehr bestehe, womit natürlich nur die Slowenen gemeint sein konnten. In derselben Ausgabe wurde erklärt, der „slowenische Nationalismus” und hinter ihm der „jugoslawische Imperialismus” habe noch immer nicht auf den „österreichischen Teil Sloweniens” verzichtet. Der slowenische Nationalismus „überläßt es nur der erwarteten’ kommenden Stunde, um zum drittenmal die Eroberung zu wagen. Womöglich auf friedlichem Wege… Darauf bereitete er sich vor und bedient sich seiner fünften Kolonne in Südkärnten…”

Drei Mitglieder des Slowenischen Kärntner Studentenverbandes erblickten in solcher Schreibweise „Aufreizung zu Feindseligkeiten zwischen verschiedenen Nationalitäten im Sinne des Paragraphen 86 STPO und 302 des Strafgesetzes” und erstatteten bei der Staatsanwaltschaft Wien die Strafanzeige.

Inzwischen steilte Prof. Theodor

Veiter »ein 900-Seiten-Buch „Das Ředit der Volksgruppen und Sprach- mindėrheiten in Österreich” vor, in dem er heftige Kritik an der Minderheitenpolitik Österreichs übt, wodurch den Slowenen offensichtlich der Rücken gestärkt wurde.

Die Reaktion kam prompt. Die Kommission für internationale Beziehungen des Zentralkomitees des Bundes der Kommunisten Sloweniens und der slowenische Gewerkschaftsverband fuhren mit scharfen Geschützen gegen die österreichische Minderheitenpolitik auf. Der slowenische Ärzteverein in Laibach schloß sich an und legte ein Memorandum vor, in dem kritisiert wird, daß in Kärnten slowenische Patienten auf dem Lande wie auch in den Spitälern keine Möglichkeiten hätten, ihre Muttersprache zu ge-

brauchen. Ja, slowenische Patienten würden in Heilanstalten sogar „lächerlich gemacht”, wenn sie ihre Muttersprache sprechen.

Der Sanitätsreferent der Landesregierung, Kameradschaftsbundvizepräsident und Obmann einer Unterkämtner SPÖ-Bezirksorganisation, LR Gallob, sowie die Kärntner Ärztekammer wiesen diese Vorwürfe zurück. Dann erreichte der Konflikt einen Höhepunkt. In Laibach tauchte der Plan auf, die Frage der in Kärnten lebenden Minderheiten vor die UNO zu bringen. Im parlamentarischen Ausschuß für Wirt- schaftsfragen stellte Abgeordneter Joze Slavic an die slowenische Regierung die Frage, welchen Standpunkt sie zu den Ereignissen in Österreich beziehe, wo nach den Worten des Abgeordneten den Slowenen mit „Genozid” gedroht werde.

Die Ursache dieses neuen Konfliktes, hört man in Laibach, soll neben den „Ruf-der-Heimat”-Artikeln und den Kärntner Bemühungen, eine slowenische Betriebsgründung in Unterkämten zu verhindern, vor allem darin zu suchen sein, daß bei der Jubiläumsfeier anläßlich des fünfzigsten Jahrestages der Kärntner Volksabstimmung keiner der Festredner (Abwehrkämpfer Kohla, Landeshauptmann Sima, Bundeskanzler Kreisky, Bundespräsident Jonas) die slowenische Minderheit auch nur mit einem Wort erwähnte oder deren Bedeutung als völkerverbindendes Glied (bekanntlich hatten die Kärntner Slowenen bei der Volksabstimmung mit ihrem Votum für Österreich den Ausschlag gegeben) zwischen Österreich und Jugoslawien würdigte.

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