6941624-1983_29_08.jpg
Digital In Arbeit

Für alle Menschen

Werbung
Werbung
Werbung

Die Katholiken in Korea sind bessere Katholiken als die in Österreich“, sagt Clemens Weichs an der Glon, der als Österreichs Japan-Botschafter in Südkorea mitakkreditiert war und das Land zehnmal besuchte.

Was er meint, ist ungefähr das, was auch Bischof Weber auf dieser Seite zum Ausdruck bringt: daß von den Katholiken Koreas eine große Kraft, eine Ausstrahlung ausgeht, die man in unseren Breiten so oft vermißt.

In Südkorea sind heute die Buddhisten, was hierzulande die Christen sind: Vertreter der angestammten Mehrheitsreligion, respektiert, etabliert, aber oft nicht fasziniert.

Die Christen: das ist das Neue, jung, lebendig, zukunftsfreudig. Der Buddhismus kümmert sich nicht um den einzelnen Menschen. Er läßt ihn mit einem Lehr- und Verhaltenskodex allein.

„Der Koreaner aber hat das Bedürfnis, neben seiner Familie auch noch einer anderen Gruppe zuzugehören, im Freundeskreis Gleichgesinnter geborgen zu sein“, versucht Pfarrer Wolfgang Haupt von Wien (Neu-Kagran) den Zustrom zu christlichen Kirchen in Korea zu erklären. Er weiß, wovon er spricht, hat er doch selbst 20 Jahre in Südkorea, vor allem in Taegu, verbracht.

Pfarrer Haupt mißtraut diversen Statistiken, die genaue Zahlen der Religionsbekenner verraten wollen. Sich Buddhist zu nennen, ist oft soviel wie unser „Taufscheinchristentum“: Tradition,

Erinnerung, Tempelbesuch zu „heiligen Zeiten“. Nicht mehr.

Andererseits verfallen viele Koreaner, selbst Christen, in existentiellen Krisensituationen in den alten Animismus zurück und suchen bei Schamanen Zuflucht, die mit den Geistern umzugehen wissen.

Einer dieser Geister ist die Seele, die mit dem Körpertod nicht stirbt: der Grundgedanke der Ahnen Verehrung, deren Verbot durch frühchristliche Glaubenslehrer einem heute als tragisch erkannten Mißverstehen entsprang.

Die Ahnenverehrung hätte keinen Konflikt auslösen müssen — die Lehre von der Gleichwertigkeit aller Menschen schon. Sie stand zur konfuzianischen Kastenauffassung in krassem Widerspruch.

Das erklärt die Christenverfolgung von Anfang an. Heute ist diese besonders arg im kommunistischen Nordkorea, wo Staatsund Parteichef Kim Il-sung praktisch wie eine Gottheit verehrt, jeder religiöse Glaube aber brutal verhindert, unterdrückt, verfolgt wird.

In Südkorea herrscht Religionsfreiheit in Theorie und Praxis. Trotzdem ist es in den vergangenen Jahren auch hier wiederholt zu Konflikten zwischen Christen und Staatsgewalt gekommen.

Südkoreas Österreich-Botschafter Hyung Kun Kim erklärt sie als Mißverständnisse: Verfolgt würden Gesetzesbrecher, auch politische. Wenn diese, wie der weltweit bekanntgewordene Oppositionsführer Kim Dae Jung, Katholiken seien, dann würden sie nicht der Religion, sondern der Politik wegen verfolgt.

Viele Christen im Land sehen das anders, und das nicht erst seit den mehrtägigen blutigen Straßenschlachten von Kwangju im Mai 1980, als Regierungssoldaten Studenten, Frauen und Kinder niedermetzelten.

Kirche ist in Südkorea heute keine akademische Elitegemeinschaft mehr, sondern Anwältin des Volkes, der Mensihen und ihrer fundamentalen Rechte. Darin sieht — abseits von politischer Spannung — der Wiener Priesterseminar-Subregens Petrus Bsteh ihre große Kraftquelle. Und im ständigen Lernenwollen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung