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Für die EG gerüstet ?

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Seit 1. Jänner haben die Niederösterreicher einen einfacheren, kostengünstigen Stromtarif. Kundenorientierung und EG-Integration heißen die neuen Herausforderungen.

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Seit 1. Jänner haben die Niederösterreicher einen einfacheren, kostengünstigen Stromtarif. Kundenorientierung und EG-Integration heißen die neuen Herausforderungen.

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FURCHE: Immer wieder wird hervorgehoben, daß die neuen Tarife einfach und kundenfreundlich sind. Warum beginnt man erst jetzt, den Konsumenten zu entdecken?

RUDOLF GRUBER: Für uns war jahrzehntelang der Wiederaufbau beziehungsweise der Aufbau einer flächendeckenden Energieversorgung maßgebend. Daher gab es vor ajjem eine technische Kundenorientierung. Es ist noch gar nicht so lange her, daß wir den letzten abgelegenen Bergbauernhof erstmals mit Strom versorgt haben. Daß die Tarife bis dahin relativ unübersichtlich waren, geht auf diese Zeit zurück. Man hat versucht, für jeden spezifischen Bereich eben einen spezifischen Tarif zu erstellen. Jetzt aber haben wir die Vollversorgung und können darangehen, Tarife zu vereinfachen. Insoferne haben wir den Kunden nicht erst jetzt neu entdeckt.

FURCHE:Es wurde kolportiert, Sie haben 40 Millionen ausgegeben, um Ihre Reform und den neuen Namen publik zu machen. Wäre das nicht billiger gegangen?

GRUBER: Diese Zahl ist eine Erfindung der „Ganzen Woche“. Nur, wenn trotz aller Dementis 'diese falsche Zahl kolportiert wird, wird sie auch nicht richtiger. Wir haben 9,2 Millionen ausgegeben für die neue Schrift, den neuen Namen, die Drucksorten, die Plakate und Werbespots. Durch die Fusion von NEWAG-NIO-GAS mußten wir ohnehin alles auf EVN — Energieversorgung Niederösterreich AG - umändern, und diese neue Corporate Identity ist mit der Tarifreform zusammengefallen.

FURCHE: Sind Sie mit Ihrer Botschaft, im Namen EVN — Energie vernünftig nutzen, durchgekommen ?

GRUBER: Es gibt die unterschiedlichsten Reaktionen. Wir haben bereits einen hohen Be-kanntheitsgrad, und die Akzeptanz ist stärker, als wir erwarten konnten. Wir haben zwar noch keine Meinungsbefragung gemacht, weil das noch zu früh ist. Aber wenn an dieser Reform etwas gravierend falsch wäre oder jemand arg benachteiligt würde, hätte es schon Proteste gegeben. Der Strom ist aber in allen Bereichen merklich billiger geworden. Andererseits haben wir sogar eine

Untergraben kostengünstige Tarife die Spargesinnung? (Archiv)

Sprachwissenschafterin engagiert, um den Konsumenten alles verständlich zu machen.

FURCHE: Ein Anreiz zum Energiesparen ist die Senkung nicht unbedingt...

GRUBER: Der letzte Preisschock hat auch in Osterreich einen gewaltigen Sparwillen mobilisiert. Konkret messen läßt sich der zwar nicht; aber durch unsere rund 130 in Niederösterreich tätigen Energieberater wissen wir.

daß die Spargesinnung da ist, obwohl die Energiepreise zurückgehen und die Einkommen steigen.

FURCHE: Bei der Neugestaltung des Tarifs haben Sie sich bereits an den Empfehlungen des EG-Rates orientiert. Vor welchen Herausforderungen steht die Energiewirtschaft noch?

GRUBER: Die technische Integration der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft ist schon längst vollzogen. Europa hat ein hoch leistungsfähiges Erdgasnetz, das Europa, Afrika und Asien verbindet. Bei der Elektrizität haben wir sogar ein integriertes System mit den Ostblockländern. Von dieser Seite gibt es also kein Problem.

Schwieriger wird es mit den einheitlichen Normen, der Energiebesteuerung, der einheitlichen Tarifgestaltung und so weiter. Es gibt in Brüssel bereits einen Dispositionskatalog für die Energiewirtschaft, um sie 1992 binnenmarktreif zu machen. Diese wird auch uns zur Information vorgelegt..

FURCHE: Können Sie sagen, die E-Wirtschaft ist gerüstet, egal welche EG-Entscheidung letztlichfällt?

GRUBER: Keineswegs. Ein Beispiel: Wenn wir aus der Nordsee Erdgas transportieren, müssen wir durch EG-Länder. Sind wir nicht .drinnen', müssen wir Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen, weü die EG mit uns machen kann, was sie will. Solche Wettbewerbsnachteüe könnten sich letztlich auch auf den Strompreis niederschlagen. Die Regierung müßte nun endlich Grundsatzbeschlüsse fassen.

Das Gespräch führte Elfi Thiemer.

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