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Für die Einheit

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Beinahe hätte es eine Terminkollision gegeben: Die Budgetrede des englischen Finanzministers war für den Tag der Amtseinführung des Erzbischofs von Canterbury anberaumt worden. Ein Initiativantrag im Parlament führte zu einer Verschiebung der Rede: Regierung und Parlament konnten am 25. März an der'' Amtseinführung teilnehmen.

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Beinahe hätte es eine Terminkollision gegeben: Die Budgetrede des englischen Finanzministers war für den Tag der Amtseinführung des Erzbischofs von Canterbury anberaumt worden. Ein Initiativantrag im Parlament führte zu einer Verschiebung der Rede: Regierung und Parlament konnten am 25. März an der'' Amtseinführung teilnehmen.

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Unmittelbar nach seiner Ernennung zum neuen Erzbischof von Canterbury, Primas von All-England und Oberhaupt der 64 Millionen zählenden weltweiten Anglikanischen Kirche hatte Robert Runcie, bisheriger Bischof von St. Albans, bei einer Pressekonferenz in London seine Ansichten über aktuelle theologische und kirchenpolitische Fragen verdeutlicht. Sein Hauptanliegen sei es, die Kirche dem Volk verständlicher zu machen. Die Kirche müsse aufpassen, daß sie einerseits kein Getto bildet und anderseits sich nicht einfach den neuesten Moden der Welt anpaßt. Runcie trat in diesen Tagen die Nachfolge von Donald Coggan an, der aus Altersgründen seinen Rücktritt erklärt hat.

Da die anglikanische Kirche in England Staatskirche ist, erfolgte die Ernennung des neuen Primas formell durch Königin Elizabeth II. auf Empfehlung der britischen Premierministerin Margaret Thatcher. Runcie ist allerdings der erste Erzbischof von Canterbury, dessen eigentliche Wahl, im Unterschied zur formellen Nominierung, von den Vertretern der Kirche selbst getroffen wurde.

Bischof Runcie gilt als guter Theologe - er war jahrelang Theologieprofessor in Cambridge - und als Fachmann "auf dem Gebiet der Ostkirchenkunde. Er ist seit sechs Jahren Mitvorsitzender der internationalen anglikanisch-orthodoxen Glaubenskommission, die ein theologisches Gespräch zwischen den beiden Kirchen führt. Er war auch sechs Jahre lang religiöser Berater des britischen Rundfunks. Theologisch vertritt er innerhalb der anglikanischen Kirche die hochkirchliche Richtung, die der katholischen Kirche nahesteht.

Da der Erzbischof von York, Stuart Blanch, der zweithöchste Kirchenfürst der Kirche von England, der evangelischen Richtung angehört, wird Runcies Ruf nach Canterbury als Wiederherstellung des theologischen Gleichgewichts in der episkopalen Hierarchie angesehen - auch

Dr. Coggan ist Anhänger der evangelischen Richtung. Die Gegensätze zwischen diesen beiden theologischen Richtungen in der Kirche sind allerdings heute nicht mehr so stark wie früher.

Beider Pressekoferenz versprach Bischof Runcie, er werde mit seiner ganzen Kraft die Einheit der Kirchen fördern. Runcie, der kürzlich mehrere Patriarche der Ostkirchen besucht hat, sagte, er werde sobald wie möglich mit dem Papst zusammentreffen und auch die freundschaftlichen Beziehungen mit den protestantischen Kirchen vertiefen.

Zu aktuellen theologischen Fragen sagte er, er sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen die Ordination von Frauen. Hiezu sei ein größerer Konsens erforderlich. Der liberalen Theologie gegenüber sei er kritisch, da sich dort eine negative Einstellung zu den zentralen Glaubenswahrheiten bemerkbar mache.

Zu pastoralen Fragen wie Ehe und Scheidung sagte der neue Oberhirte, er sei zwar grundsätzlich für die Unauflöslichkeit der Ehe; er glaube jedoch, daß es in der Kirche bei einer gescheiterten Ehe auch Raum für Vergebung und Erneuerung geben solle. In besonderen Fällen solle es also die Möglichkeit der Wiederverheiratung der Geschiedenen in der Kirche geben. Allerdings könne er nicht eigenmächtig die kirchenrecht-lichen Bestimmungen ändern.

Die Ernennung Runcies ist in England allgemein als charismatische Wahl begrüßt worden. In einer Stellungnahme sagte der katholische Erzbischof von Westminster, Kardinal Basil Hume: „Seine pastorale Erfahrung, seine Gelehrsamkeit und seine ökumenische Haltung werden mit Sicherheit zum geduldigen Dialog zwischen den Kirchen einen bedeutenden Beitrag leisten."

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