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Für eine europäische Identität

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Solidarität statt Neutralität, umfassende Sicherheit statt selbstgefällige Isolation, Regionalismus statt nationale Eigenbrötelei, Mitbestimmung in Europa statt Nachvollzug von vorgegebenen Bedingungen: diese Prinzipien der Neuen Österreichischen Außenpolitik wurden am Montag bei einem großen Symposion der Politischen Akademie der ÖVP und der Vereinigung Österreichischer Industrieller im Haus der Industrie in Wien vorgestellt.

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Solidarität statt Neutralität, umfassende Sicherheit statt selbstgefällige Isolation, Regionalismus statt nationale Eigenbrötelei, Mitbestimmung in Europa statt Nachvollzug von vorgegebenen Bedingungen: diese Prinzipien der Neuen Österreichischen Außenpolitik wurden am Montag bei einem großen Symposion der Politischen Akademie der ÖVP und der Vereinigung Österreichischer Industrieller im Haus der Industrie in Wien vorgestellt.

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Außenminister Alois Mock - der als Vater der Neuen Österreichischen Außenpolitik ausgiebig gewürdigt wurde - legte ein klares Bekenntnis zum Maastrichter Vertrag sowohl der Substanz als auch seiner ZukunftspeY-spektiven nach ab. Bezüglich der EG-Beitrittsverhandlungen, so Mock, will Österreich keine weiteren Verzögerungen mehr, die Form der Verhandlungen sei sekundär.

Hinsichtlich eines europäischen Identitätsgefühls gab Mock zu, daß dieses noch kaum entwickelt sei. Deswegen forderte der Außenminister ein „dichtes Gespräch mit den Bürgern der Einzelstaaten", in dem auch „die Befürchtungen angesichts der EG - und seien sie noch so irrational -berücksichtigt" werden müßten.

Als absolut vorrangig sieht Mock im neuen Europa das Subsidiaritäts-prinzip an: „Die EG-Zentrale soll nur jene Aufgaben wahrnehmen, die sie besser beherrscht als der Einzelstaat oder die einzelnen Regionen." Der EG-Gipfel in Birmingham vergangene Woche habe sich zu diesem Gestaltungsprinzip bekannt, ebenso zum vermehrten Dialog innerhalb der Gemeinschaft. Mock will dazu beitragen, daß die „zentrale Botschaft der EG, die eine Botschaft des Friedens, der sozialen Sicherheit und wirtschaftlichen Prosperität ist", in

Österreich verstanden wird. Von der EG verlangte Mock eine „Bestätigung des österreichischen Kurses" in dem Sinne, daß „ein starkes Österreich in einem neuen Europa gleichberechtigt mitspielen kann". Was die Teilnahme Österreichs am erst zu schaffenden System der kollektiven Sicherheit betriftt, sprach sich Mock für eine Teilnahme am Kooperationsrat der Westeuropäischen Union (WEU) aus.

Der seinerzeitige belgische Premierminister Marc Eyskens zeichnete trotz einer diagnostizierten „Europa-Malaise" am bisher gemalten Maastricht-Europa-Bild weiter. Allgemeine Politikverdrossenheit, wiedererwachender Nationalismus und die Krise im Europäischen Währungssystem sind nach den Worten Eyskens Gründe für das gesunkene Vertrauen in die Brüsseler Instanzen.

Obwohl Eyskens eine größere Teilnahme der Nationalparlamente am Entscheidungsprozeß des Europaparlaments als notwendig erachtet, setzt er letztlich doch auf eine starke Zentrale: „Die Erweiterung der EG muß gemeinsam mit ihrer Vertiefung erfolgen. Ein Europa von 18 oder 20 Mitgliedstaaten, in dem ständig der Konsens aller erforderlich ist, wäre zur Paralyse verdammt. Man muß daher Entscheidungen mit einer qualifizierten Mehrheit und das Initiativrecht der Kommission akzeptieren."

Besondere Bedeutung kam bei dem Symposion Österreichs Nachbarländern und ihren Interessen am gemeinsamen Haus Europa zu, wenngleich nur der frühere slowakische Premierminister Jan Carnogursky und der jetzige Präsidentschaftskandidat der Christdemokraten für die Wahl in Slowenien am 6. Dezember, Ivan Bizjak, vertreten waren. Carnogursky bezeichnete das Verhältnis Österreich-Slowakei als ausgezeichnet und wies darauf hin, daß bei entsprechender Zurückhaltung von Bratislava und Budapest auch die Frage der ungarischen Minderheit in der Slowakei kein Problem sein dürfte. Ivan Bizjak erklärte, daß man in Slowenien Österreichs Nachbarschaftshilfe sehr schätze. Der christdemokratische Präsidentschaftskandidat betonte die Notwendigkeit, daß ein kleines Volk wie die Slowenen stärker seine Eigenständigkeit und Identität auch im wirtschaftlich-unternehmerischen Bereich betonen müsse.

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