6938949-1983_19_15.jpg
Digital In Arbeit

Für mehr Wachstum

19451960198020002020

Was erwartet sich die Wirtschaft von der neuen Bundesregierung? Dies fragten wir den Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer. Er skizziert im folgenden die Anliegen der Wirtschaft.

19451960198020002020

Was erwartet sich die Wirtschaft von der neuen Bundesregierung? Dies fragten wir den Generalsekretär der Bundeswirtschaftskammer. Er skizziert im folgenden die Anliegen der Wirtschaft.

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn die modernen Auguren, die Wirtschaftsprognostiker, recht behalten, dann kann nach drei Jahren Stagnation die Wirtschaft nunmehr mit einem langsam einsetzenden Aufschwung rechnen.

Nur unverbesserliche Optimisten werden sich aber darauf verlassen wollen, daß dieser Aufschwung die Wirtschaftspolitik von der Aufgabe entbindet, die

Auswirkungen von zum Teil verfehlter Politik und von Versäumnissen der Vergangenheit schrittweise zu beseitigen oder zumindest Korrekturen in die Wege zu leiten. Denn so manche Schwachstelle der österreichischen Wirtschaft, so manches Problem hat ja nichts mit den ungünstigeren weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre zu tun, sondern mit den wirtschaftspolitisch verursachten Hemmnissen einer rascheren Strukturanpassung; plakativ ausgedrückt: Das Bemühen um eine kurzfristige Sicherung von Arbeitsplätzen wurde einer Wirtschaftspolitik der Vollbeschäftigung vorgezogen.

Diese Fehleinschätzung der Probleme ist neben dem mangelnden Willen, das Ausgabenniveau und die Ausgabenstruktur des Budgets an den flacheren Wachstumstrend nach dem ersten Erdölpreisschock anzupassen, wohl die Hauptursache für die Fehlentwicklungen, mit denen wir konfrontiert sind: die unzureichende Risikokapitalbildung, die zu hohe Belastung mit nicht grenzausgleichsfähigen Kostensteuern, die wirtschaftliche Gefährdung strukturschwacher Regionen, die Vernachlässigung umwegsrentabler Infrastrukturinvestitionen, das Uberhandnehmen politischer und bürokrati scher Interventionen in den Wirtschaftsablauf, um nur einige zu nennen.

Vollbeschäftigung ist in den achtziger Jahren nur durch eine neue Wachstumsstrategie zu erreichen. Mit defensiven Lösungen der Arbeitsumverteilung durch Arbeitszeitverkürzung wird Österreich weder den erreichten Standard eines bescheidenen Wohlstandes noch den Standard an sozialer Sicherheit aufrechterhalten können. Wachstum heißt Steigerung der Wertschöpfung und muß daher mit den Zielen einer sachlichen Umweltpolitik nicht im Widerspruch stehen.

Grundlage einer solchen neuen wirtschaftspolitischen Strategie ist eine neue Auffassung des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft; dieses Verhältnis läßt sich sicher nicht mit dem schlichten Slogan von „weniger Staat und mehr Markt” kennzeichnen.

Die Wirtschaftspolitik soll vielmehr im Sinne der Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung der Sozialen Marktwirtschaft wieder für ein Klima des Vertrauens durch stetige Rahmenbedingungen sorgen und dadurch eine verläßliche Grundlage für Investitionsentscheidungen schaffen, Leistungsanreize setzen, Wettbewerbsverzerrungen hintanhalten, die Wettbewerbs- und Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft erhöhen.

Eine solche neue wirtschaftspolitische Strategie müßte kurzfristig Akzente in drei Bereichen setzen: Innovation und Investitionen, Risikokapital, leistungsfähige Infrastruktur.

Dazu zählen als Maßnahmen z. B. mehr Flexibilität in der steuerlichen Behandlung von Investitionen, neue Formen der Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft, die Beseitigung der steuerrechtlichen Diskriminierungen der Erträge aus Risikokapital, eine neue Prioritätenreihung der öffentlichen Infrastruk turaufwendungen, die weniger auf die direkte oder unmittelbare Beschäftigungswirkung von öffentlichen Investitionen, sondern auf die Verbesserung der indirekten Beschäftigungsmöglichkeiten durch Erhöhung der volkswirtschaftlichen Produktivität abstellt.

Weitere Schwerpunkte der Wirtschaftspolitik müßten auf einer Stärkung der Leistungsfähigkeit insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe liegen, die von der zunehmenden Bürokratisierung und der Belastung mit Verwaltungsarbeit für die öffentliche Hand besonders stark betroffen sind.

Die Wirksamkeit der Maßnahmen in diesen Bereichen hängt jedoch entscheidend von drei Voraussetzungen ab:

Das Budget sanieren

• Erstens,daßdieWirtschaftauf eine „Atempause” bei den Belastungen, insbesondere mit gesetzlichen Lohnnebenkosten, vertrauen kann, einzelne Kostenbelastungen wie z. B. die Verlängerung des Mindesturlaubs sollten zurückgenommen werden;

• zweitens, daß es im Zuge von Steuerreformen gelingt, schrittweise die Abgabenlasten aus der Produktions- in die Konsumsphäre zu verlagern, Umschichtungen, die dann preisniveauneutral sein werden, wenn sie auch steueraufkommensneutral sind;

• drittens, daß durch eine mittelfristige Strategie der Budgetkonsolidierung von der Ausgabenseite her die verhängnisvolle Spirale von steigender Staatsverschuldung und steigender Steuerbelastung durchbrochen werden kann.

Die Budgetkonsolidierung kann nur gelingen, wenn der politische Wille zu zwei Reformschritten vorhanden ist, zu sozial vertretbaren Reformen im Bereich der Transferausgaben — in der Sozialversicherung und im Familienlastenausgleich — und zur Bereitschaft, bei den Dienstleistungen der öffentlichen Hand die Effizienz zu steigern, damit der Anstieg des Personalaufwandes deutlich verringert werden kann.

Den Anliegen des Umweltschutzes wird dann am besten Rechnung getragen werden können, wenn Umweltschutz in den Zielkatalog der Wirtschaftspolitik integriert wird: durch ein Sa- nierungs- und Finanzierungskonzept, das insbesondere die sogenannten Altanlagen einbindet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung