6884455-1979_21_17.jpg
Digital In Arbeit

Für Novellierung des Volksgruppengesetzes

Werbung
Werbung
Werbung

Den wenigsten diirfte es bewuBt sein, daB die in Osterreich beheima-teten Volksgruppen heute ernstlich um ihre Zukunft bangen.

Wie ist es nun um die Rechte der Slowenen in Karnten bestellt? Ware der Artikel 7 des Osterreichischen Staatsvertrages dem Wort und dem Geist nach erfullt, wurde der Fortbe-stand der slowenischen Volksgruppe gesichert sein. Dies trifft jedoch nicht zu. Es gibt keinen volksbewuBten Slowenen in Karnten, der hier ande-rer Meinung ware.

Zu den elementarsten Rechten einer Volksgruppe gehort das Recht auf ihre angestammte Heimat. Diese angestammte Heimat ist fiir die Karntner Slowenen ihr Siedlungs-raumim Rosental, Gailtal und Jaun-tal. Immer wieder wird jedoch dieses von Slowenen seit iiber 1400 Jahren bewohnte Gebiet in Frage gestellt. Der Lebensraum der Volksgruppe wird bewuBt immer mehr eingeengt. Man spricht von Streusiedlungen der Slowenen. Als ob es sich hier nur mehr um Sprachinseln handeln wurde, die von einer winzig kleinen Min-derheit bewohnt wurden. Und doch handelt es sich im Falle der slowenischen Volksgruppe in Karnten um eine ethnische Minderheit, die ein ge-schlossenes Territorium bewohnt.

Die systematische Aufsplitterung der angestammten engeren Heimat der Slowenen kommt in der Minder-heitengesetzgebung in der Einen-gung der Rechte der Slowenen z. B. im Pflichtschulbereich so zum Aus-druck, daB ein zweisprachiger Unter-richt bzw. Slowenischunterricht nur fiir freiwillig Angemeldete erteilt wird. Die obligate fiir alle Kinder verpflichtende zweisprachige Schule wurde - nachdem der Staatsvertrag unter Dach und Fach war - verfas-sungswidrig eliminiert.

Eine bewuBte Aufsplitterung der angestammmten Heimat sehen die Slowenen auch in der Gerichtsspra-chenregelung, die lediglich drei zweisprachige Gerichtsbezirke um-faBt. In sechs weiteren von Slowenen bewohnten Gerichtsbezirken ist das Slowenische als Gerichtssprache nicht zugelassen. Das Slowenische als Gerichtssprache ist lediglich im Dreieck Bleiburg, Eisenkappel und Ferlach berucksichtigt.

Keine der Gemeinden des zwei-sprachigen nordlichen Teiles des Jauntales, keine der Gemeinden des Rosentales nordlich der Drau - auch mit der uberwiegend slowenisch-sprachigen Gemeinde Ludmanns-dorf - und keine zweisprachige Gemeinde im Bezirk Villach-Land und Hermagor wurde im Gerichtsspra-chengesetz berucksichtigt. Auch das Volksgruppengesetz brachte hier keine wesentlichen Anderungen.

Eine weitere Aufsplitterung der angestammten Heimat der Slowenen erfolgte durch die Amtssprachenre-gelung. Nur in einem Drittel des Sied-lungsgebietes der Volksgruppe ist das Slowenische bei den Amtern zugelassen, in 13 statt in 36 zweispra-chigen Gemeinden. Aber auch in den 13 Gemeinden, in denen die Zwei-sprachigkeit laut Volksgruppengesetz und Durchfuhrungsverordnung geregelt wurde, sieht der Gebrauch des Slowenischen so aus, daB in der Regel Gemeindebedienstete fehlen, die der slowenischen Schriftsprache machtig waren. Dienstposten auf Grund der Zweisprachigkeit sind im Bereich der Amtssprachenregelung gesetzlich nicht vorgesehen.

Noch drastischer erfolgte die Aufsplitterung des Siedlungsraumes der slowenischen Volksgruppe im Bereich der Ortstafelregelung. Sie be-schrankt sich lediglich auf 9 von 36 zweisprachigen Gemeinden. Aber auch in den 9 zweisprachigen Gemeinden wurden nur in jenen Orten zweisprachige Tafeln angebracht, in denen bei der „Volkszahlung beson-derer Art“ 1976 sich 25 Prozent zur slowenischen Volksgruppe bekannt haben. ■

Den Ausfiihrungen ist zu entneh-men, wo die Rechte der Slowenen noch nicht verwirklicht sind. Zwischen den Vertretern der Bundesre-gierung, den im Karntner Landtag vertretenen Parteien und Vertretern der slowenischen Volksgruppe muB-ten folgende Regelungen gemeinsam erarbeitet und einer Lbsung zuge-fiihrt werden:

a) Schutz des gesamten Siedlungsraumes der slowenischen Volksgruppe im Sinne eines Kollektiv-schutzes, wie er im grundsatzlichen Teil des Volksgruppengesetzes zum Ausdruck kommt;

b) Schaffung gesetzlicher Voraus-setzungen, die im Siedlungsbereich der slowenischen Volksgruppe eine allseitige kulturelle und geistige Ent-faltung der Volksgruppe ermogli-chen wurden. Voraussetzung dafiir waren zweisprachige Kindergarten (bis jetzt existieren lediglich 3 private von Slowenen errichtete Kindergarten) und ein den Vorstellungen der slowenischen Volksgruppe Rech-nung tragendes Minderheitenschul-wesen im Pflichtschulbereich;

c) Zulassung des Slowenischen als Amtssprache zusatzlich zum Deut-schen im ganzen von den Slowenen bewohnten Siedlungsgebiet;

d) Anbringung zweisprachiger Aufschriften nach objektiven und von der slowenischen Volksgruppe anerkannten Kriterien.

Die aufgezeigte Verwirklichung des Minderheitenschutzes wurde den Bestimmungen des Artikels 7 des Staatsvertrages Rechnung tragen. Sie hatte allerdings eine Novellierung des vom osterreichischen Par-lament 1976 beschlossenen Volks-' gruppengesetzes zur Folge. Eine solche Anderung miiBte der Volksgrup-penbeirat beantragen. Mit einer Er-klarung der zustandigen Stellen in Wien miiBte den Vertretern sloweni-scher politischer Organisationen zu-gesagt werden, daB eine Mitlarbeit im Volksgruppenbeirat noch keine An-erkennung des Volksgruppengesetzes bedeutet und daB im Wege des-Volksgruppenbeirates die Errei-chung einer Novellierung des Volksgruppengesetzes moglich ist.

(Der Autor ist Inspektor des slowenischen Gymnasiums in Klagenfurt und gehort leitend dem deutsch-slo-wenischen Koordinationsausschuji der Diozese Gurk an)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung