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Für Verpackung muß man zweimal zahlen

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Jeder Haushalt kennt es: Der Weg zum Mistkübel wird immer häufiger gegangen. Immer mehr Hausmüll macht auch den Gemeinden Sorgen. Wohin damit? Was kann der einzelne da tun?

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Jeder Haushalt kennt es: Der Weg zum Mistkübel wird immer häufiger gegangen. Immer mehr Hausmüll macht auch den Gemeinden Sorgen. Wohin damit? Was kann der einzelne da tun?

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In Österreich wachsen die Müllberge von Jahr zu Jahr. 1980 produzierte jeder Österreicher 209 Kilo Hausmüll (1973: 179 Kilo). Mit dem jährlichen Hausmüll der Oberösterreicher könnte man auf dem Linzer Hauptplatz (13.000 m2) eine Pyramide errichten, die mit 209 Metern das Wahrzeichen von Linz, den Pöstling-berg, überragen würde.

Wie könnte man diesen Hausmüll verringern? Er besteht gut zur Hälfte aus Verpackungen, für die der Verbraucher zweimal bezahlt: beim Einkauf und bei der Müllabfuhr. Das Beispiel Getränkeverpackung zeigt wie kein anderes die sinnlose Verschwendung von Rohstoffen und Energie, wie sie derzeit (noch) praktiziert wird.

Die Mehrwegflasche (Pfandflasche) wurde geächtet, und an ihre Stelle traten immer mehr Einwegflaschen, Kartons, Dosen aus Weißblech und Aluminium. Diese Produkte sind teuer und wandern in die Mülltonnen, von hier auf die Deponien oder zur Müllverbrennung. Die Alu-Dose ist das Paradebeispiel der Verschwendung. Ein Beispiel: Für den Verkauf von einem Hektoliter Bier (Herstellung des Behälters, Abfüllung, Vertrieb, Spülen) erfordern Alu-Dosen 22,5mal soviel Energie wie Pfandflaschen. Der Import von Rohstoffen (Zinn, Bauxit) für die Herstellung der Weißblech- und Alu-Dosen darf dabei nicht vergessen werden.

Einen nicht unerheblichen Anteil am Hausmüll haben die Kartons für Milch und andere Getränke. Diese Verpackungen sind für das Recycling ungeeignet, da das aluminium-, kunststoff- und zellstoffkombinierte Material nicht so einfach in die Grundstof fe zerlegt werden kann. Holz als Kartongrundstoff ist zwar derzeit noch genügend vorhanden, aber wie lange können wir uns den Raubbau an den Wäldern dieser Erde noch leisten?

Die ökologischen Vorzüge der Pfandflasche im Vergleich zur Einwegverpackung sind nicht von der Hand zu weisen. Der Energieverbrauch zur Herstellung der Verpackung beträgt bei Einwegbehältern das Sechsfache. Die Einwegverpackung erzeugt — bezogen auf das Gewicht — im Schnitt zwölfmal so viel Abfall wie eine vergleichbare Mehrwegflasche. Das Abfallvolumen ist 32mal so groß. Die Umweltbelastung durch Staub, Schwefeldioxid und Stickoxid ist bei der Produktion von Einwegbehältern zwei- bis dreißigmal so hoch. Die Gewässerbelastung durch Salz ist zehn- bis fünfzigmal so hoch (Spülen eingeschlossen).

Die „Leergutmanipulationskosten“ des Handels liegen etwa in der Größenordnung der Kosten für die Abfallbeseitigung der Einwegflaschen. Nach einer Modellrechnung des Umweltbundesamtes der BRD aus dem Jahre 1981 ergeben sich große Unterschiede in den Verpackungskosten. Wegen der üblichen „Mischkalkulation“ weiß der Kunde nicht, wieviel er für Inhalt und wieviel er für die Verpackung bezahlt.

Das Argument, daß die Konsumenten bei der Einführung der Pfandflaschen für Getränke nicht mitmachen würden, ist demagogischer Unsinn. Das deutsche In nenministerium startete im Juni 1980 im Raum Köln/Düsseldorf einen Versuch: Ein Jahr lang wurde die Einführung der Mehrwegflasche (Pfandflasche) erprobt. Milch wurde in der herkömmlichen Verpackung und in Pfandflaschen angeboten. Das Ergebnis war überraschend. Viel mehr Kunden als erwartet griffen zur Milch in der Pfandflasche, obwohl diese im Schnitt um 20 Pfennig teurer war als die in den Wegwerfpackungen.

Was ist zu tun? Mit welchen gesetzlichen Maßnahmen könnte man die Verschwendung zumindest einmal einbremsen? Man könnte die Wegwerfkartons und die Dosen auf bestimmte, gesetzlich vorgeschriebene Quoten verringern. Hier ergibt sich aller dings das Problem der wirksamen Kontrolle. Möglich wäre aber die Kennzeichnung der Einwegverpackung als umweltfeindlich, Verzicht auf Werbung, ferner das Parallelangebot von Getränken sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegbehältern. Dann hätte der umweltbewußte Konsument eine Alternative.

Es könnte eine Umweltabgabe-eine Art „Müllgroschen“ -, die vom Verpackungshersteller zu zahlen wäre, auf Einwegbehälter eingehoben werden. Der Bund, aber auch die privaten Firmen könnten alle Kantinen des Geschäftsbereiches auf Mehrwegverkauf verpflichten. Vor allem wäre eine gründliche und ehrliche Information des Konsumenten wichtig.

In keinem österreichischen Abfallkonzept liest man etwas über Maßnahmen zur Verringerung des Hausmülls. Man beklagt die ständig wachsenden Müllmengen und die vielen Deponien.

Es wäre an der Zeit, daß in unserem Land ein Umdenken einsetzt und Taten gesetzt werden. Wie das deutsche Beispiel zeigt, wären die Konsumenten zum Großteil bereit, der Vernunft den Vorrang zu geben.

Siehe auch UMWELTSCHUTZ UND ABFALL IN OBEROSTERREICH. Herausgegeben vom Umweltschutzinstitut im Amt der OO. Landesregierung, Linz 1985.

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