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Für „Zucht und Würde"

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Asylgesetz und RL 486, Katholisch-Theologische Fakultäten und Religionsunterricht, Zölibat und das jüngst erschienene Buch über „Geheimkirchen in Osteuropa" - vor allem mit diesen Themen befaßte sich die Osterreichische Bischofskonferenz auf ihrer Herbstsession in Wien.

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Asylgesetz und RL 486, Katholisch-Theologische Fakultäten und Religionsunterricht, Zölibat und das jüngst erschienene Buch über „Geheimkirchen in Osteuropa" - vor allem mit diesen Themen befaßte sich die Osterreichische Bischofskonferenz auf ihrer Herbstsession in Wien.

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Dem Beschluß über ein neues Asylgesetz sollte ein umfassendes Hearing vorangehen, forderte Caritas-Präsident Helmut Schüller auf der Pressekonferenz zum Abschluß des Herbsttreffens der katholischen Bischöfe Österreichs. Es gehe um „Zehntausende menschliche Schicksale", betonte Schüller, der zugleich einen neuen Weg der Entwicklungshilfe vorschlug: Nicht von Regierung zu Regierung, sondern über die in unser Land gekommenen Menschen sollte für deren Heimatländer die Entwicklungshilfe laufen.

Die Bischöfe beurteilen die Regierungsvorlage zum neuen Asylgesetz kritisch: Sie halten „die gesetzlich normierte, unterschiedliche Behandlung von .offensichtlich begründeten beziehungsweise unbegründeten' Asylanträgen sowie die dafür genannten Kriterien" für äußerst problematisch und meinen: „Der Verzicht auf eine sorgfältige Uberprüfung von Asylanträgen steht im Widerspruch zu den menschenrechtlichen Grundsätzen und zum Respekt vor der Würde jedes Menschen."

In der Ausländerfrage plädierte der Grazer Bischof Johann Weber als Pressesprecher derBischofskonferenz für eine .Zucht und Würde der Worte", denn aus Worten könne Terror werden und in Österreich dürfe es nicht zu Exzessen wie in Deutschland kommen. Viele mit den Ausländem verbundene Probleme seien Probleme der Österreicher - die „Erbar-mungslosigkeit des Arbeitsmarktes", die Wohnungsnot, der - zu Ausländermehrheiten in den Schulen führende - Kindermangel.

Die energische Ablehnung des Abtreibungsmittels RU 486 durch Österreichs Bischöfe erfolgte fast gleichzeitig mit einem „kompromißlosen Nein" deutscher Bischöfe zu diesem Tötungspräparat. „Wir fühlen uns als Anwälte der Schwächsten", erklärte Weber. Frauen würden durch ein leicht handhabbares Mittel unter größeren Druck gesetzt, von den einst zugesagten „flankierenden Maßnahmen" zur Fristenregelung sei „wenig oder nichts" zu bemerken, sagte Weber, der namens der Bischöfe für einen besseren Schutz des ungeborenen Lebens und die Erleichterung der Adoption eintrat.

Nachdrücklich bekannte sich Weber zu Katholisch-Theologischen Hochschulen an den staatlichen Universitäten, wies aber auf Probleme hin. Nicht einig ist man sich in der Bischofskonferenz, ob Laien nur in „Brückenfächern" (wie Kirchengeschichte oder Kunst) oder in allen Fächern Chancen zur Habilitation haben sollen. Angestrebt wird auch die frühere Einbindung des Bischofs in Berufungsverfahren, um nicht womöglich erst im letzten Moment das „Nihil obstat" verweigern zu müssen. Bedenken gibt es gegenüber der geplanten Universitätsreform, die statt Fakultäten Departements vorsieht, was eine Ausgliederung mancher Fächer (etwa Kirchengeschichte) bedeuten und die „synthetische theologische Lehre" gefährden würde.

Überraschend „ohne die geringste Änderung"%pprobierten die Bischöfe den neuen Lehrplan für den katholischen Religionsunterricht in Volksund Vorschule für sechs Jahre „ad ex-perimentum". Gleichzeitig sprachen sie den Religionslehrer(inne)n'ihren

Dank aus. In Zukunft soll es für jede Schulstufe zwei Schulbücher geben und mehr Gewicht auf das religiöse Wissen gelegt werden.

Was den Zölibat betrifft, betonten die Bischöfe ihre „Solidarität zum Papst und zur Weltkirche". Man sollte aber, so Weber, auch offen und ohne als „Ketzer" gebrandmarkt zu werden, über die Möglichkeit von „viri probati" in besonders priesterarmen Regionen reden können. Der Berliner Kardinal Georg Ster-zinsky und Innsbrucks Oberhirte Reinhold Stecher haben dies ja jüngst in Aufsehen erregenden Stellungnahmen getan.

Distanziert haben sich die Bischöfe „von der parteiischen Darstellung des Autors" des Buches „Jeder war ein Papst" (FURCHE 44/1991). Sie sprechen von einem schlechten Dienst, „von außen besserwisserisch über Menschen und Situationen zu urteilen, die von einer für uns nicht nachvollziehbaren Angst und Unterdrückung geprägt waren".

Wichtige Personalentseheidungen waren die Wahl des Linier Bischofs Maximilian Aichern zum Vorsitzenden der (bisher vom St. Pölener Altbischof Franz Zak geleitetet!) Finanzkommission, die Wiederbestellung von Militärordinarius Alfred Kqsfc lecky zum Sekretärjer Bisehofsk ferenz auf sechs Jahre und die Besti tigung des unlängst neu gewählten Präsidiums der Katholischen Aktion Österreichs.

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