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Gaddafi macht das Maßvoll

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Kein vernünftiger Mensch wird bestreiten wollen, daß Buhdeskanzler Kreisky einmal auch seine begnadeten Tage als ehrlicher Makler der Weltpolitik hatte. Das jüngste Abenteuer mit Gaddafi aber hatte nicht mehr den Anflug weltmännischer Genialität an sich. Es war unnötig, peinlich.

„Milliardengeschäfte für die VOEST" waren über Nacht in Aussicht gestellt worden. Hinterher mußte Kreisky zugeben, daß über konkrete Wirtschaftsprojekte gar nicht gesprochen worden war. Und daß, was immer der radikal-islamische Wüstenstaat uns allenfalls abkaufen würde, wir mit libyschem öl bezahlt bekämen — das erheblich teurer als das der meisten Olexporteure ist.

Geheimnisvoll bekommen wir zu hören, daß es eigentlich vor allem darum gegangen sei, Gaddafi behilflich zu sein, sich aus der einseitigen Umklammerung Moskaus zu lösen und ihm einen Ausbruch aus westlicher Isolierung in die Arme Europas zu ermöglichen.

Nur: Isoliert hat sich Gaddafi selbst und aus völlig freien Stük-ken, als er sich direkt oder indirekt an Umsturzversuchen in 13 Ländern Afrikas und Asiens beteiligte und Terroristen linksradikaler wie rechtsradikaler Machart mit Fachausbildung und Waffen versorgte.

Es war peinlich, von Kreisky zu hören, daß dies nur Zeitungsmeldungen wären, für die es „keine Beweise" gebe. Es war peinlich, zu erleben, wie maßgebliche Personen aus der Umgebung des Kanzlers das nachplapperten, obwohl diese — ohne Gaddafi im Land — bei einer Routine-Meinungserhebung nicht gezögert hätten, Gaddafi, der auch politische Gegner aus seinem eigenen Volk in aller Welt von Killer-Kommandos verfolgen ließ, als politischen Desperado zu verurteilen.

Der Bundeskanzler hat mit der überfallsartigen Ansetzung des Gaddafi-Besuchs seine eigene Partei wie eine befehlsunterworfene Hilfstruppe behandelt, das Parlament düpiert, den Außenpolitischen Rat überfahren und das gesamte Volk irregeführt, als er eingangs behauptete, von geplanten Verhandlungen über Waffenlieferungen sei ihm rein gar nichts bekannt.

Jetzt ist auf einmal doch auch über Waffenverkäufe an den Oberterroristen von Libyen geredet worden. Davor werden sich zwar die Amerikaner nicht fürchten. Wohl aber werden die Ägypter, die wir bisher zu Österreichs wichtigen Freunden (und Handelspartnern) zählen konnten, und viele andere Staaten Afrikas, nicht zuletzt auch arabische, vor den Kopf gestoßen sein.

Deutlich, wenn auch mit Respekt, sei es gesagt: Für das Gaddafi-Spektakel in Österreich gibt es keine andere Erklärung als progressiven Eitelkeitsstarrsinn. Irgend jemand in der SPÖ müßte demnächst den Mut haben, darüber im Parteivorstand offen zu reden.

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