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Gaddafi und kein Ende

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Aus Khartuim wurde drei Tage nach dem gescheiterten Putschversuch gegen Staatspräsident Dschaa-far en-Nuimeiri bekannt, daß die Gefechte zwischen aufständischen und regierungstreuen Truppen mindestens dreihundert Todesopfer gekostet haben. Andere Schätzungen sprechen sogar von etwa fünfhundert Toten. Die Anführer des mißglückten Staatsstreiches, über deren Identität noch nichts Näheres mitgeteilt wurde, erwartet das Todesurteil durch ein militärisches Sondertribunal. Die meisten fielen anscheinend jedoch bereits im Kampf. Nachdem die Gefechte während des ganzen Wochenendes ange-

dauert 'hatten, war die Regierung am Monitaigvormittag offenbar wieder Herrin dar Lage. Khartuim war telephonisch wieder mit der Außenwelt verbunden, und die arabischen Fluggesellschaften nahmen den Flugverkehr miit der sudanischen Hauptstadt wieder auf.

Während Ägypten die Alarmie-rumg seiner Streitkräfte mit der drohenden Kriegsgefahr zwischen dem Sudan und Libyen begründete und seine Entschlossenheit zum Schutz von Souveränität und politischer Stabilität des Sudan bekundete, beschuldigte Khartuim in offiziellen Noten an den UN-Wedt-sicherheitsrat und die arabische Liga den libyschen Diktator Oberst Moaimimer el-Gaddafi der Anstif-unig. Tripolis habe über tausend bewaffnete Söldner in iden Sudan eingeschleust.

Über die aktive Rolle el-Gaddafis

bei den Wirren in dem größten afrikanischen Land hegt man in den arabischen Hauptstädten kaum einen Zweifel. Der Libyer scheint 'bei den sudanischen Streitkräften jedoch auf offene Ohren gestoßen zu sein. Den regiemngstreugebliabenen Verbänden gelang es nach ersten Augenzeuigenberichten diplomatischer Informanten in Khartum nur mit großer Mühe, der RebeEion Henau werden. Präsident en-Numeiri rettete nur sein schon bei früheren Gelegenheiten gezeigter persönlicher Mut vor Sturz und Tod. Offenbar hatte man ihn sofort nach der Landung seines Sonderflugzeuges auf dem Flughafen von Omdurman, als er von einer Auslandsreise zurückkehren wollte, festnehmen und sofort standrechtlich erschießen wollen. Wäre das gelungen, hätte es den Sieg der Aufrührer bedeutet. Doch entweder landete die Maschine zu früh, oder der Zeitplan der Aufrührer geriet durcheinander. En-Numeiri befand sich bereits eine halbe Stünde lang im Gespräch mit ausländischen Diplomaten im VIP-Rausm des Flughafens, als die Gebellen eintrafen und ihn festzunehmen versuchten. Er ergriff jedoch in einem Personenkraftwagen die Flucht und stellte sich an die Spitze regierungstreuer Verbände.

Soweit bis jetzt bekannt ist, konnte der libysche Diktator interne Stammesawistigkeiten in dem nicht nur von Arabern und Negern, sondern auch von mehreren miteinander verfeindeten arabischen Stämmen bewohnten Staat ausnützen.

Das Scheitern des Staatsstreiches bedeutet, daß der Sudan seine Aue-söhnungspolitik mit den christlichen Negerstämmen im Süden des Landes ebenso fortsetzen wind wie seine gemäßigte Politik im Naihositkonflikt. Präsident en-Numeiri gehörte seinerzeit zu den Befürwortern der ägyptisch-israelischen Sinai-Abkommen und wandte sich mehrfach gegen den Terror der Palästina-Guerilleros. Der Staatsehef hat sich noch am Sonntag über Radio Omdurman, das bei den Kämpfen beschädigt worden war und seine Sendungen vorübergehend einstellen mußte, an seine Landsieute gewandt und ihnen persönlich das Scheitern des Aufruhrs mitgeteilt. Ergänzend wurde bekannt, daß die einge-söhleusten Söldner verschiedener Nationalität seien. Unter ihnen befänden sich auch Mitglieder verschiedener internaitäonaler Anarchi-stengruppeii.

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