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Ob Geld, abgeschöpft und rar geworden, sich ebenso prompt als kunstfördernd erweisen würde, wie die gegenwärtig zunehmende Geldverdünnung eine solche des Kunstgehaltes, zumindest der gegenwärtigen Graphik, zur Folge hat, ist unwahrscheinlich. Nur das Böse macht sich von allein, das Güte will ermuntert sein, sagt Busch. Und durch Geld, scheint es, will und will es sich nicht ermuntern lassen, sagt Busch. Ob Manfred Nisslmüüer, Schmuckzeichner und Goldschmied dazu, gut daran getan hat, in einen der Räume der Galerie Gras in der Grünangergasse, wo er einen Zyklus „Zeichnungen” ausstellt, sechs weiße Riesenblätter gerahmt nebeneinander aufzuhängen, in deren genauer Mitte er nichts als ein Ohr in natürlicher Größe, kaum sichtbar, doch wahrscheinlich realistisch — bestimmt nicht surreal — zeichnete, wird die Kasse ja zeigen. Andere Riesenblätter hat der eminente Könner seines Handwerks ebenso sparsam mit Darstellungen seiner Utensilien bedeckt und diese beinahe mit Leben erfüllt. Dieses fehlt sogleich, wenn er vermessen auch noch die zeichnende Hand hinzufügt. Viel ist noch zu tun.

Kraftvolleres bietet M der „Galerie in der Blutgasse” (Nr. 1) der 1929 geborene Malerund Plastiker Eduard Diem, dessen prächtiger „Weißer Berg” im Neunfarbendruck formal an japanische Vorbilder denken läßt. Verblüffend Vorgängern, wie Ensor, Nolde, Kubin und Toulouse-Lautrec, nachgefühlt, erscheinen die übrigen in Offset- oder Ölfarbe auf Papier gemalten Unikatgraphiken. Drei an die Wand gelehnte 10 Jahre alte Bilder desselben autodidaktischen, gewiß ungewöhnlichen Talents, lassen den Wandel erkennen, der da stat’t- fand. Ob nicht diese in geisterhaftes Licht getauchte farbenstarke und zirkushafte Welt die dem Wesen dieses Malers adäquate ist?

Peithner-Lichtenfels, die Galerie in der Seilergasse Nr. 16, die das Werk Gerhard Swobodas betreut, zeigt nun nach des Künstlers kürzlich erfolgtem Tod in einer Gedächtnisausstellung einige seiner charakteristischen Werke Mit skurrilen Gestalten erfüllte und durchwobene Landschaften in öl oder Aquarell. Diese Bilder haben die rechte Mischung aus alt und modern, die unwiderstehlich den Käufer anziehen. So ist auch, wie man hört, alles verkauft. Der Maler läßt der Phantasie des Beschauers keinen Raum mehr, er erfüllt selbst alles bis zum Rand und bis auf den letzten Quadratmillimeter mit seiner eigenen. Trotz der zahlreichen überall deutlich erkennbaren Einflüsse, von Kubin, Leonardo, Bosch usw., schafft das Anliegen des „magischen Realisten” Swoboda sich in jedem Bild eine eigene Welt. Welche Wandlung er ihr wohl noch hätte geben können?

„Akte” von Jungwirth, Hohe, Schiele, Stransky u. a. sind in der Galerie Contact, Mahlerstraße 7, ausgestellt (bis 5. Oktober). Die beiden Frauenakte Schieies machen in dieser Umgebung plötzlich bewußt, daß es die Menschlichkeit in den Gesichtern, vor allem aber in den weit geöffneten Augen ist, die bei diesem Künstler, trotz der Gewagtheit seiner Akte, an Pornographie niemals denken läßt. Bemerkenswert genau kann das Schwinden dieser Menschlichkeit hier von Akt zu Akt in vier Generationen abgelesen werden. Bei Stransky, der den Körper fest aus Farbe baut, ist Masse noch voll organisiert; mehr überzeugen kann allerdings ein Aquarell desselben Modells. Bei Hokes schlanker Dame wurde bereits die drohende Umgebung das eigentliche Problem. Bei keinem der vier kommt der Gedanke an Vorbilder auf. Am wenigsten vielleicht bei Jungwirth.

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