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Ganz ohne Doping geht die Chose nicht?

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Einige vorgesehene Olympiastarter fehlen in Seoul, weil sie kurz davor den Dopingjägern im eigenen Land ins Netz gegangen sind. Ein österreichischer Radfahrer, eine amerikanische Schwimmerin und der amerikanische Rad-Olympiasieger von 1984 Steve Hegg waren die bekanntesten Fälle.

Hans Holdhaus, Leistungsdiagnostiker und medizinischer Betreuer in Österreichs Olympiadelegation, erwartet ab Seoul ein schärferes Vorgehen gegen Doping: „Sicher wird es bindend unangemeldete Kontrollen während der Trainingsphase (wenn die Muskelaufbaupräparate geschluckt werden) geben müssen. Es werden viel härtere Strafen kommen — vermutlich bereits zwei Jahre Sperre beim ersten Verstoß - und eine breitere Aufklärung, weil manche Sportler ahnungslos irgendwelche vom Hausarzt verschriebene Medikamente schlucken, die verbotene Substanzen enthalten.“

Als Doping gelten grundsätzlich alle leistungsfördernden Substanzen. Manche, deren Einnahme zu den normalen Lebensgewohnheiten zählt, etwa Coffein, sind erst ab einem größeren Quantum verboten. Das größte Problem sind körpereigene Substanzen wie Hormone, wo auch erst ab einer bestimmten Menge zweifelsfrei eine künstliche Zufuhr angenommen werden kann. Dosierungskünstler können hier also durchrutschen.

„Das Problem Doping wird sich nie endgültig lösen lassen“, fürchtet Holdhaus, „es gibt Spezialisten, die dauernd nach neuen unerlaubten Wegen suchen, und Spezialisten, die das aufzudecken versuchen.“ Er ist aber überzeugt, daß Höchstleistungen auch ohne Doping möglich sind.

In Österreich gelte Doping vielfach noch als eine Art „Gentlemandelikt“, im Kampf dagegen müßten auch die Medien mitspielen, wie das in Skandinavien in einer großen Anti-Doping-Kampagne gelungen sei.

Etliche Fälle belegen, daß Doping nicht nur unfair, sondern meist auch gesundheitsschädlich ist, zuletzt der zunächst mysteriöse Tod der mit Medikamenten vollgepumpten deutschen Leichtathletin Birgit Dressel.

Hans Holdhaus lehnt Doping auch deshalb ab, weil es dem Sportler eine leistungsmäßige Abhängigkeit von seinem medizinischen Betreuer suggeriere, die gar nicht bestehe: „Der medizinische Betreuer ist nur ein Mosaikstein im gesamten Betreuungssystem, die Leistung bringt der Sportler ganz allein.“

Neben der Medizin gibt es eine Reihe anderer Mosaiksteine: die Trainingswissenschaft, Physiotherapie und Biomechanik, die psychische Vorbereitung. Wenn hier, durchaus im Rahmen des Erlaubten, ein Betreuerteam optimal zusammenspielt, sind damit unter Umständen die Voraussetzungen für den sportlichen Erfolg über annähernd gleichstarke Konkurrenten geschaffen. Hier hat uns der Osten viel voraus.

„Unser Vergleichsland bezogen auf die Einwohnerzahl ist Bulgarien“, erläutert Holdhaus. „Daß es dort viel mehr Spitzensportler gibt, liegt am gesamten System. Sportler haben dort bei Gesundheitsproblemen, auch bei Spitalsaufnahmen, grundsätzlich Vorrang und erhalten sofort die bestmögliche Behandlung durch Spezialisten.“

Da wird die Ernährung nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen den Trainingsbelastungen angepaßt, werden Phasen der Regeneration minutiös geplant, Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren, Spurenelemente im richtigen Moment zugeführt.

Dazu kommt Physikotherapie: Wassertherapie, Kälte- und Wärmetherapie, Massagen und Elektrotherapie. Das bei uns beliebte „Fitspritzen“ - Höldhaus: „Da gilt einer als großer Guru, wenn er jemanden für kurze Zeit schmerzfrei macht, wie sich das langfristig auswirkt, darüber redet ja keiner“ - ist im Osten nur ausnahmsweise für ganz große Anlässe üblich.

Von einem ähnlichen System träumt Holdhaus auch für Österreich: „Dann hätten wir mehr Weltklassesportler — denn an der Mentalität liegt es nicht, allenfalls an einer Vernachlässigung des psychischen Bereiches —,und die wären länger gesund.“

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