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Gar kein grauer Alltag

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Womit leben die Salzburger - ein ganzes Kultur jähr lang? Was tut ein kulturbeflissener Salzburger außerhalb der Festspielzeiten? Genauer gefragt: Ist der Salzburger überhaupt kulturbeflissen? Da muß man unterscheiden: Salzburg heißt ja nicht nur die Stadt der Mozartkugeln, sondern auch das Land. Und daß es da trotz aller Bemühung ein gewisses Gefälle gibt, ist ebensowenig zu übersehen wie die (nicht nur hier bemerkbare) Spannung zwischen sogenannter Hochkultur und all den übrigen Bereichen, die man unter einen weiten Kulturbegriff subsumieren kann. Was zum Beispiel heißt, daß das Festspielhaus für Jazz- oder Pop-Konzerte sicher nicht geöffnet wird, sondern daß darin allein die Weltstars zu den Festspielen, eine große Oper während des Jahres als Produktion des Landestheaters und die Konzerte der Drei Ringe, der Salzburger Kulturvereinigung sowie Gastspiele mit Theaterproduktionen unterkommen.

Damit ist schon etwas über das musikalische Angebot in der Landeshauptstadt gesagt, das natürlich, wie könnte man es vergessen, in der Mozartwoche der internationalen Stiftung Mozarteum einen anderen, heimlicheren, aber keineswegs weniger bedeutenden Höhepunkt im Konzertbetrieb erhält. Die Stiftung Orchesterkonzerte bietet dazu einen Mozart-Zyklus an, Konzerte von Meistersolisten und solche internationaler Kammerensembles, Matineen im Tanzmeistersaal und schließlich auch „Musik im Klang ihrer Zeit" sowie einen Orgelzyklus.

Damit sind wir noch nicht am Ende, denn da gibt es noch die „Salzburger Kulturtage" der Kulturvereinigung, in der Konzerte der verschiedenen Ringe ebenso angeboten werden wie meist eine große Oper und last not least „Das Jahr des Herrn", ein mit dem Waggerlschen Buchtitel gezierter „Jahreskreis" des Salzburger Brauchtums, eng verwandt mit dem international ständig ausverkauften Adventsingen, dem das große Festspielhaus natürlich und sehr wohl offensteht. Es ist ja nichts Ungehöriges, Geschäft (mit Nächtigungen und gastronomischem Angebot) und Kunst aneinander zu bringen. Die Festspiele tun's ja auch.

Weiter hat Salzburg noch die Schloßkonzerte, die Konzerte der Bachgesellschaft und, viel zu wenig in der Öffentlichkeit beachtet, die Dommusik. Das Hochamt im Salzburger Dom bewahrt allsonntäglich nach wie vor die große liturgische Form des Gottesdienstes.

Das Landesstudio des ORF hingegen bietet der neuen Musik Heimstatt und Pflegeort.

Wenn er will, ist der Musikfreund also Abend für Abend unterwegs, schließlich hat auch noch die Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mozarteum-Konzerte anzubieten.

Daß dabei nicht wenig auf den Schultern des Mozarteum-Orchesters lastet, kann man sich gut vorstellen, denn dieser Klangkörper versieht ja auch noch zu einem guten Teil die Funktion des Orchesters in Oper und Operette im Landestheater.

Dieses Landestheater ist im Zusammenhang mit den verschiedenen Abonnements gerade ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, weil der Kulturbeamte der Stadt, Senatsrat Heinz Klier, der sozusagen in Eigenregie die Konzert-und die Theaterringe anbietet, in Briefen an ärgerliche Stammplatzinhaber seinem eigenen Ärger über die Spielplangestaltung des Intendanten Frederik Mirdita Luft gemacht hat, was nun wiederum den sozialistischen Kulturpolitiker des Landes, Landeshauptmann Stellvertreter Moritz, zur Replik gegen seinen Parteifreund Klier veranlaßte.

Bevor man die Salzburger Kulturbilanz abschließt, hat man aber noch bei den Galerien vorbeizusehen, bei Welz und in der Landessammlung Rupertinum, die sich innerhalb eines Jahres zu einem beachtlichen Sammelpunkt von jüngeren wie älteren Kunstfreunden gemausert hat. Das hauseigene Angebot gilt der zeitgenössischen Graphik, ständig wechselnden Ausstellungen, Malern wie Bildhauern. Zu erwähnen wäre noch die Galerie Academia in der Residenz, deren Angebot ebenfalls internationalen Zuschnitt zeigt. Museen, Haus der Natur oder Museum Carolino Augusteum,. Burgmuseum,

Volkskundemuseum, Spielzeugmuseum, das Dom- und das Barockmuseum können in der Aufzählung nicht fehlen. Salzburger Hochschulwochen und die internationale Sommerakademie für bildende Kunst sind die Highlights während des Sommers — Veranstaltungen der Universität, die ja auch der Kultur zuzuzählen ist, wie solche des Bildungshauses St. Virgil der Erzdiözese das Jahr über. Tagungen, Kongresse, Volkshochschule, zu beiden Bühnen noch die Elisabethbühne, deren literarisches Programm die Abonnenten des Landestheaters schon mehr als gelegentlich ausweichen läßt, das Marionettentheater, das Literaturforum „Die Lampe" ergänzen das Angebot.

Und das Land? Zell am See hat sich samt Saalf elden zu einem der kulturellen Schwerpunktorte im Pinzgau gemausert wie Mautern-dorf s Schloß für den Lungau. Hallein, Goldegg und St. Johann geben ständig Lebenszeichen', nicht zu reden von den Rauriser Literaturtagen und den Malertagen heuer im vierzehnten und im zehnten Jahr. Hofgastein und Badgastein als internationale Kongreßorte vor allem für Ärzte darf man nicht vergessen.

Fehlt noch die Szene der Jugend in Salzburg, ihr Vor-Festival, parallel zu den „großen" Festspielen.

Wenn man nun fragt, wer das alles bezahlt oder subventioniert, ermöglicht, diese Bühne und jene Galerie weiter (künstlich) beatmet , findet man ein für die allgemeine Finanzlage gar nicht kleinliches Kulturamt der Landesregierung — ähnlich wie in Wien.

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