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Garantieschein zur Topkarriere?

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Noch vor wenigen Jahren hätte ich auf die Frage, ob es sich in Österreich für Jungakademiker lohnen würde, ein Postgraduate- Studium als Voraussetzung für eine Karriere im Berufsleben zu absol- vieren, mit „Nein" geantwortet.

Österreichische Unternehmen, egal ob groß oder klein, egal welche Branche, ob Banken, Versicherun- gen, Industrie oder Handel, hatten für Zusatzstudien nicht mehr als ein Achselzucken übrig. Bis auf wenige löbliche Ausnahmen, fühl- ten sich die österreichischen Un- ternehmer und Top-Manager wohl in dem selbstgewählten wirtschaft- lichen Ghetto eines Binnenmarkt- landes, das durch Gesetze, Verord- nungen und Gewerbescheine ge- schützt vor der ausländischen Konkurrenz war. Der Import und Export war träge, der Hauptpart- ner war - und ist noch immer - die Bundesrepublik Deutschland mit 45 Prozent aller Wirtschaftsströ- me.

Unter diesem Aspekt des ge- schützten und gesicherten „Wirt- schaftsschrebergarten Österreich" waren Unternehmer und ihre Per- sonalchefs auch kaum bereit, den Jungakademikern ein höheres Sa- lär als ein normales Einstiegsge- halt anzubieten. In manchen Fällen war man sogar bereit, neben dem Bundesländer-Dialekt des Stellen- bewerbers, seine Qualifikation, auch Hochdeutsch zu sprechen, als Zweitsprache zu akzeptieren.

Das alles ist nahezu schlagartig vorbei. Österreich steht an der Schwelle zum Eintritt in die inter- nationale Wirtschaft. In Westeuro- pa entsteht mit der EG - und ihren vorläufig 320 Millionen Einwoh- nern - der größte freie Wirtschafts- markt der Welt. Größer als die USA, die „nur" 260 Millionen Konsumen- ten aufweisen. Osteuropa hat über Nacht seine Rollbalken - sprich Stacheldraht - weggeräumt, und möchte sofort am westlichen Kon- sumstandard mitnaschen. Auch wenn dies nicht sofort möglich ist, so ist dies für Österreich und seine Manager von großer Bedeutung. Österreich ist nicht mehr am Rande Westeuropas, sondern inmitten eines sich soeben bildenden Groß- europas, vom „Scherzerl" zum „Herzerl" Europas.

Diesen Wandel in unserer Bedeu- tung und unseren neuen Möglich- keiten, müssen Manager und Nach- wuchsstars aber auch nachvollzie- hen. Die Anforderungen an die Füh- rungskräfte von morgen haben sich radikal geändert. Internationalität ist Trumpf, und dies in jeder Form. Kein Studienfach ist davon ausge- nommen. Die Internationalität bleibt nicht beim Rechtsstudium und dem Studium von Zweit- oder Drittsprachen stehen - sie berührt alle Bereiche des Wirtschaftslebens. Auch das bisherige Marketing muß mit Kenntnissen über Euro-Mar- keting ergänzt, wenn nicht ersetzt werden.

„Denke global und handle lokal", ist nicht nur die Devise von Multis, sie wird auch jeden Klein- und Mittelbetrieb betreffen, auch wenn er nicht importiert und exportiert. Jeder muß sich mit internationalen Wirtschaftsentwicklungen ausein- andersetzen, denn die Liberalisie- rung der Märkte, wie sie durch die EG kommt, wird auch von Öster- reich nachvollzogen werden müs- sen, egal ob und wann wir Mitglied der EG werden. Die Unternehmen können sich diesen Entwicklungen nicht verschließen, daher brauchen sie einen neuen Typ von Jungmana- gern. Wie der zukünftige „Euro- Manager" aussehen könnte, habe ich in nebenstehender Tabelle dar- gestellt.

Erfreulicherweise beginnt dieser Trend zur internationalen Ausrich- tung nicht erst mit dem heutigen Tag. Er hat sich schon in den letzten Jahren angebahnt. Dies bewerten wir als Personalberater, die in Ost- und Westeuropa Top-Leute schon seit einiger Zeit suchen, positiv. Auslandsösterreicher, die 20 Jahre nicht in Österreich waren, finden Österreich wieder attraktiv, die Unternehmer sehen sich zuneh- mend nach jungen Managern um, die Auslandserfahrung erworben und auch Postgraduate-studies im In- oder Ausland absolviert haben.

Das, meiner Meinung nach, be- deutendste Kennzeichen für den Wandel, sind die Jungakademiker selbst. Zunehmend erhalten wir Zuschriften von Jungakademikern, die bei Firmen ihre Karriere begin- nen wollen, die ihnen auch die Möglichkeit geben, für ein oder mehrere Jahre ins Ausland zu ge- hen.

Dies ist ein bedeutender Wandel im Denken, im Gegensatz zu einer Studie der Hochschülerschaft aus dem Jahre 1980, wo die Studenten einen Wechsel des Arbeitsplatzes, von ihrem Heimatort in eine andere Stadt, noch mit dem Verlust an Lebensqualität assoziierten.

„Postgraduate-studies" werden heute auch von österreichischen Unternehmen honoriert. Ein höhe- res Gehalt ist ohne weiters möglich, aber keineswegs in dem Ausmaße, wie es ein paar französische und amerikanische Nobelschulen weis- machen wollen, die von doppelten Gehältern und von möglichen Di- rektionsposten sprechen.

„Doppelte Gehälter" gibt es nur in jenen Ländern, wie in den USA, wo eine Eliteschule einen deutli- chen Unterschied zu sonstigen anderen Schulen darstellt. Im ge- samten gesehen, ist jedoch ein Post- graduate-Abschluß nur ein weite- rer Mosaikstein für eine berufliche Karriere. Daß es auch in Österreich schon Postgraduate-Schulen oder Ansätze zur Schaffung solcher gibt, sollte nicht vergessen werden. Daß ein spezielles Postgraduate-Stu- dium auch besser sein kann als ein MBA von einer bekannten Elite- schule, sollte auch berücksichtigt werden. Mit dem Riesenkrach an der Wallstreet ist der Nimbus der Yuppies, einer Ingredienz von Har- vard-Diplom und guter Repräsen- tation, angekratzt. Ein profundes EG-Studium in Brügge, Florenz oder Nizza, oder vielleicht ab 1991 in der Landesakademie Krems, könnte im speziellen Fall besser sein.

Zum Abschluß noch ein paar persönliche Tips:

Versuchen Sie nicht am berühm- testen Institut zu studieren, son- dern suchen Sie das für Sie geeig- netste Postgraduate-Institut aus. Lassen Sie sich nicht von berühm- ten Namen, die Absolventen dieser und jener Schule waren, beeindruk- ken. Jedes Institut hat seine Vorzei- ge-Generaldirektoren, -Minister, - Diplomaten - über die anderen Absolventen spricht man nicht. Die Kosten für einen Kurs sollten Sie nicht abhalten. Das Wissenschafts- ministerium bietet jährlich zahl- reiche Auslandsstipendien an. Auch ein Studentenkredit, den Ihnen heute fast jede Bank anbietet und der erst langfristig zurückzahlbar ist, kann hier Abhilfe schaffen.

Die Karriere der Jungakademi- ker Österreichs liegt in ihrer Inter- nationalität! Es liegt an Ihnen, ob Sie dabei sind oder nicht.

Der Autor ist Unternehmens- und Personal- berater mit Büros in Wien, Brüssel und Budapest und Präsident der Vereinigung Österreichischer Betriebsberater (V. Ö. B.)

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