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Geburtstag eines Erfolgskindes

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Vor 15 Jahren wurde in Bangkok die Staatengemeinschaft ASEAN' (Verband Südostasiatischer Nationen) als lockere wirtschaftliche Vereinigung gegründet. Doch niemand glaubte so recht an ihre Überlebensfähigkeit. Heute steht sie -vor allem politisch - besser da denn je.

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Vor 15 Jahren wurde in Bangkok die Staatengemeinschaft ASEAN' (Verband Südostasiatischer Nationen) als lockere wirtschaftliche Vereinigung gegründet. Doch niemand glaubte so recht an ihre Überlebensfähigkeit. Heute steht sie -vor allem politisch - besser da denn je.

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Als Ende August 1967, vor 15 Jahren, in Bangkok die Staatengemeinschaft der ASEAN (Association of South-East Asian Nations) gegründet wurde, glaubten wenige an die Zukunft dieser Gruppierung Thailands, Malaysias, Singapurs, Indonesiens und der Philippinen. Außer Thailand hatten alle anderen Mitgliedsstaaten erst kurz zuvor ihre Unabhängigkeit erlangt und waren noch untereinander zerstritten, vor allem aus territorialen und politischen Gründen.

Im Jahr 1965 bedrohte der kommunistische Putschversuch in Indonesien nicht nur die Stabilität der jungen, malayischen Föderation, sondern auch den Frieden in der ganzen Gegend. Als jedoch der neue Präsident Suharto in Jakarta die Kommunisten im eigenen Land unter Druck setzte und auch die Animositäten zwischen

Singapur und Malaysia zu schwinden schienen, war die Zeit reif geworden für die Gründung der ASEAN, in erster Linie deshalb, weü alle Mitgliedsstaaten etwas gemeinsam hatten: Angst vor dem Kommunismus.

Und da der Vietnamkrieg zu dieser Zeit an seinem Höhepunkt angelangt war, schien der zumindest förmliche Zusammenschluß durchaus nötig.

Doch gerade damals bestanden große Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern hinsichtlich des Engagements in Vietnam. Thailand und die Philippinen unterstützten Amerika mit Militärbasen und Hilfstruppen, während die anderen Staaten der ASEAN sich neutral verhielten und besorgt zusahen.

Als in den ersten vier Jahren des Bestehens der ASEAN die gemeinsamen Aktivitäten über eine jährliche Außenministerkonferenz nicht hinausgingen, schlug Malaysia 1971 bei einer dieser Konferenzen die Gründung einer „Zone der Freiheit, des Friedens und der Neutralität in Südostasien” vor. Der Beschluß wurde angenommen und stellte den eigentlichen Beginn einer außenpolitischen Kooperation der Fünf dar.

Mit dem Sieg Hanois über die USA und dem Umsturz in Kambodscha und Laos begann eine neue Etappe der Kooperation der Fünf. Selbst mit kommunistischen Untergrundbewegungen im eigenen Land kämpfend (KP Malaysias, KP Thailands) und mit der damals so berühmten Do-minotheorie in aller Ohren, wonach nach Indochina auch Südostasien unter die Machtsphäre Vietnams fallen würde, sahen sich die Mitgliedsstaaten der ASEAN gezwungen, alle internen Zwistig-keiten hintanzustellen und der Bedrohung aus Indochina entgegenzuwirken.

Zum ersten Mal trat die ASEAN als geeinigte und entschlossene Gruppe auf, der es gelang, auf diplomatischer Ebene und in der internationalen Arena Vietnam in Schach zu halten. Vor allem die unzähligen Flüchtlinge, die aus Vietnam einzuströmen begannen, beunruhigten die Regierungen der ASEAN.

Mit der Eroberung Kambodschas durch Vietnam Anfang 1979 war der letzte Puffer zwischen dem kriegerischen Nachbarn und dem nördlichsten Frontstaat der ASEAN, Thailand, dahinge-schmolzen. Nun hieß es, die Zusammenarbeit zu vervollständigen und die Vietnamesen auf diplomatischem Weg zum Rückzug zu zwingen.

Es wird deutlich, daß es die Kriege und Auseinandersetzungen in Indochina waren, die die

ASEAN-Gemeinschaft im Laufe der letzten Jahre zusammengeschweißt haben. So gelang es der Vereinigung in den letzten drei Jahren, die Anerkennung des von Vietnam eingesetzten Marionettenregimes in Kambodscha durch die Vereinten Nationen zu verhindern.

Dennoch sind die Perspektiven bezüglich der indochinesischen Gefahr innerhalb der ASEAN durchaus verschieden. Während Thailand als Frontstaat und Singapur den in ihren Augen sowjetischen Handlanger Vietnam unter allen Umständen bekämpft sehen wollen, stehen Malaysia und Indonesien einer zu großen Anlehnung an China skeptisch gegenüber.

Doch gerade in diesem Aspekt stellte ASEAN ihre Fähigkeit zum Konsens unter Beweis. In Thailand sagt man: „Es ist wichtiger, den Tiger vor der eigenen Tür zu bekämpfen, als den Tiger im Wald.” Und so einigte sich ASEAN auf die Politik der internationalen Isolation Vietnams, um es so zu einem Kompromiß zu zwingen.

Dabei ist die ASEAN-Gemeinschaft bemüht, eine eigenständige Indochina-Politik zu betreiben, um nicht den Eindruck zu erwek-ken, zu sehr von China abhängig zu sein.

Erstaunlich ist der Umstand, daß die ASEAN, die eigentlich vor fünfzehn Jahren als lockere wirtschaftliche Vereinigung gegründet worden war, heute viel eher auf politischer, vor allem außenpolitischer Ebene funktioniert als in ökonomischen Bereichen. Dies hängt in erster Linie mit dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammen, der eine wirtschaftliche Kooperation im Stil der Europäischen Gemeinschaft unmöglich macht.

Singapur, das kleinste aller ASEAN-Länder (2,4 Mio. Einwohner), ist bei weitem das im Verhältnis reichste und entwik-keltste. Im Gegensatz dazu steht Indonesien mit 154 Millionen Einwohnern, das ein fast reiner Agrarstaat ist und vor allem Rohstoffe exportiert.

Solche Gegensätze machen einen vollkommen freien Handel zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten praktisch unmöglich. Bei der jährlichen Ministerkonferenz der ASEAN-Länder wird zwar viel gesprochen über die Regulierung des zwischenstaatlichen Handels, aber sehr viel ist bis heute nicht geschehen.

Besonders die Philippinen, die 'im östlichen Randbereich der ASEAN angesiedelt sind und von den anderen vier als nicht ganz vollwertig betrachtet werden, sind durch das Fehlen geeigneter, zwischenstaatlicher Handelsabkommen irritiert.

Doch laufen andere Gemeinschaftsprojekte an, zum Teil mit Erfolg. So werden nun Joint Ven-tures innerhalb der ASEAN von den einzelnen Mitgliedsstaaten gefördert. Und die Industrieprojekte der ASEAN, die noch vor kurzem von Zynikern verlacht wurden, nehmen Gestalt an.

Im politischen wie auch im wirtschaftlichen Bereich zeigt sich deutlich, daß die ASEAN als

Gruppe nach außen hin bei weitem erfolgreicher ist als die Beziehungen untereinander schließen lassen.

Politisch herrschen nach wie vor gewisse Animositäten zwischen den einzelnen Ländern, die auf ihre unterschiedliche Geschichte zurückzuführen sind.

Doch es scheint, daß die ASEAN nach fünfzehn Jahren ihres Bestehens durchaus auf dem besten Weg ist, die Uneinigkeiten untereinander zugunsten eines gemeinsamen Auftretens eines starken Staatengefüges zu schlichten.

International war und ist die Staatengemeinschaft äußerst erfolgreich. Das zeigt gerade auch das starke Interesse, das die großen Wirtschaftsmächte der Welt ASEAN gegenüber zeigen. Bei der jährlichen Außenminister-Konferenz der Fünf nehmen auch Minister oder hohe Repräsentanten Amerikas, Kanadas, Japans, Australiens und der EG teil.

Die Zukunft der ASEAN sieht durchaus gut aus. Mit zunehmendem internationalem Interesse an einem Fortbestehen und einer Stärkung des südostasiatischen Staatengefüges einerseits und mit konsensbereiten Regierungen in den einzelnen Ländern andererseits \ist es durchaus möglich, daß die fünf hinkünftig noch enger zusammenarbeiten.

Mit Wirtschaftswächstumsra-ten, von denen westliche Länder träumen, und einer relativ friedlichen Umgebung — abgesehen von Indochina — scheint der Weg für ein gemäßigtes und wohlhabendes Südostasien offen.

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