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GEFAHR FÜR DEN LEHRERNACHWUCHS?

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Die Ausbildung der Pflichtschullehrer wird von der Diskussion um Fachhochschulen zumindest vorläufig nicht berührt. Der Status der Pädagogischen Akademien ist vor allem auch für die katholische Kirche von Interesse.

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Die Ausbildung der Pflichtschullehrer wird von der Diskussion um Fachhochschulen zumindest vorläufig nicht berührt. Der Status der Pädagogischen Akademien ist vor allem auch für die katholische Kirche von Interesse.

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Vor zwanzig Jahren gab es bereits eine rege Debatte über die Einführung von Fachhochschulen. Daß es dann dennoch nicht dazu und zum „Europaingenieur" kam, hatte nicht nur im chronischen Geldmangel des Staates, sondern auch in der Qualität des österreichischen berufsbildenden Schulwesens die Ursache. Insbesondere die „kleinen" Ingenieure aus Österreichs Höheren Technischen Lehranstalten konnten den Konkurrenzkampf im EG-Raum fachlich durchaus bestehen.

Das Beitrittsansuchen Österreichs an die EG führte zu einem Wiederaufleben dieser Diskussion. Der Begriff „Europareife" wurde geradezu zu einem Mythos hochstilisiert: Man stellte fest, daß es im tertiären Bereich, ausgenommen die Lehrerbildung in den Akademien und die Sozialakademien, keinerlei mit dem westlichen Ausland vergleichbare Institutionen gab. Die Forderung nach eigenen Fachhochschuien wurde in die Regierungserklärung des derzeitigen Kabinetts Vranitzky aufgenommen, ohne einen genaueren Rahmen abzustecken.

Zunächst blieb es unklar, ob auch die bisherigen Akademien in Hochschulen umgewandelt werden und in die Zuständigkeit des Wissenschaftsministeriums übersiedeln sollten. „Heraus aus dem SCHOG" (Schulor-ganisationsgesetz) war in Lehrerkreisen der Akademien die Devise - auch als die Klärung erfolgte, daß der pädagogische Bereich dem Unterrichtsressort zugeordnet bleibt.

Man wollte Pädagogische Hochschulen „besonderer Art", in denen positive Erfahrungen der österreichischen Lehrerbildung mit einem höheren Maß von Autonomie und der Stärkung der Eigen Verantwortung der Studierenden verbunden werden sollte. Die inhaltliche und strukturelle Reform sollte „kostenneutral" geschehen. Doch konnten Erklärungen der Gewerkschaft, man werde aufgrund der neuen Lehrerbildung an Hochschulen „zunächst" keine Gehaltsforderungen erheben, den Finanzminister nicht überzeugen.

Ein zusätzliches Problem stellte die Frage des Konkordats dar, da sowohl dieses wie der sogenannte Schulvertrag nur für Schulen und gegebenenfalls für Theologische Fakultäten gelten. Eine Herausnahme des pädagogischen Bereichs aus dem SCHOG hätte zu neuen Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl führen müssen.

Für die Fachhochschulen wurden verschiedentlich Modelle präsentiert, die rein technokratisch ausgerichtet sind und jeden Hinweis auf den humanen Bereich wie das Berufsethos vermissen lassen.

Da der Staat derzeit aus finanziellen Gründen nicht in der Lage scheint, selbst ein Fachhochschulwesen zu installieren, wollte man andere Institutionen wie Kammern und Privatbetriebe zur Gründung animieren. Der Entwurf des Wissenschaftsministeriums für ein „Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge" sieht einen Fachhochschulrat vor, der über die Hochschulberechtigung nach im Entwurf aufgezählten Kriterien zu entscheiden hätte.

Während mancherorts geradezu eine Euphorie zur Gründung neuer Fachhochschulen ausgebrochen ist, scheinen innerhalb der Sozialdemokratischen Partei nun die Bedenken dagegen zu wachsen, die neuen Fachhochschulen zu „privatisieren"; hält doch der Staat im universitären Bereich (mit Ausnahme einiger theologischer Hochschulen) ein unangefochtenes Monopol. Wie man sich angesichts der nahenden EG-Verhandlungen entscheiden wird, scheint gegenwärtig offen.

Für die Neugestaltung der Akademien liegt der Entwurf zu einer 14. SCHOG-Novelle vor, der weit hinter dem zurückbleibt, was der vom Ministerbestellte „Entwicklungsausschuß" - insbesondere zur Autonomie und zur pädagogischen Reform - erarbeitet hat.

So begrüßenswert <die Öffnung der Pädagogischen Akademien für Nicht-maturanten ist, so beunruhigend ist die Tatsache, daß man den Religionspädagogischen Akademien, wo man diese aufgrund des Organisationsstatus von allem Anfang an mit bestem Erfolg praktiziert hat, nun durch Streichung der Vorbereitungslehrgänge und die Hinaufsetzung des Zulassungsalters einen wesentlichen Anteil des dringend benötigten Lehrernachwuchses wegnehmen will.

Die große Reform der Lehrerbildung soll eine 16. SCHOG-Novelle bringen. Der Ruf „Heraus aus dem SCHOG!" hat etwas an Kraft verloren, weil Brüssel im Rahmen des „Erasmus-Programmes" (europäischer Studentenaustausch) die Gleichwertigkeit der österreichischen Akademien mit den Hochschulen des EG-Raumes voll anerkannt hat.

Msgr. Hofrat Prof. Mag. Dr. Gerhard Schultes ist Direktor der Religionspädagogischen Akademie der Erzdiözese Wien.

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