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Gehen die Uhren anders?
Nach den burgenländischen Landtagswahlen am 23. Juni folgen im Herbst die Regionalwahlen in der Steiermark und in Oberösterreich. Sie sind nicht nur an den vorangegangenen Landtagswahlen, sondern darüber hinaus auch am Nationalratswahlergebnis vom 7. Oktober 1990 zu messen.
Nach den burgenländischen Landtagswahlen am 23. Juni folgen im Herbst die Regionalwahlen in der Steiermark und in Oberösterreich. Sie sind nicht nur an den vorangegangenen Landtagswahlen, sondern darüber hinaus auch am Nationalratswahlergebnis vom 7. Oktober 1990 zu messen.
Das burgenländische Nationalratswahlergebnis vom 7. Oktober 1990 hätte - auf Landtags wahlen umgelegt -eineMandatsverteilungvon 18SPO-Abgeordneten, 13 ÖVP-Mandataren und fünf FPÖ-Vertretern bedeutet. Just das hatten sich SPÖ und FPÖ für den 23. Juni als Wahlziel gesteckt.
SPÖ-Titelverteidiger Hans Sipötz ist zwar kein Franz Vranitzky, trotzdem rechnete er durch die vorgezogenen Landtagswahlen im Gefolge der Sinowatz-Verurteilung nicht nur mit einem Mitleidseffekt, sondern auch (noch) mit seinem Landeshauptmann-Bonus.
FPÖ-Herausforderer Wolfgang Rauter spekulierte nicht nur mit dem Wählerpotential vom Herbst 1990, das zwei freiheitliche Mandate mehr plus Regierungssitz gebracht hätte, sondern zuletzt auch damit, daß die Wähler(innen) Jörg Haiders Sprung in die Abgründe der Vergangenheit mit Beifall bedenken.
Demgegenüber stand Franz Sauerzopf mit seinem ÖVP-Wahlziel, die relative Mehrheit zu erobern, von vornherein auf verlorenem Posten: Gut 14 Prozent Wähleranteil gegenüber dem Nationalratswahlergebnis der Volkspartei hätte er wettmachen müssen - ein Vorsatz, dem nicht nur der Zustand der Bundespartei im Weg gestanden ist.
Die SPÖ hat zwar ihren Stimmen anteil gegenüber der Landtagswahl 1987 (damals zwackte die Liste Ma-tysek freilich 1,1 Prozent ab) um 0,8 Prozentpunkte auf 47,3 Prozent verbessern können, aber von ihrem Stimmenpotential bei der Nationalratswahl 1990 (Anteil 50,07 Prozent) über 7.000 Wähler(innen) verloren. Wahlarithmetik hin oder her: unverändert 17 Mandate.
Die ÖVP büßte gegenüber 1987 weitere 3,3 Prozentpunkte (jetzt 38,2 Prozent der gültigen Stimmen) und damit eines von bisher 16 Mandaten ein, liegt aber um rund 1.500 Stimmen über dem Oktober-Ergebnis des Vorjahres (Stimmenanteil 35,44 Prozent).
Um über 3.000 Stimmen ist die freiheitliche Wählerschaft - „jetzt erst recht" - gegenüber dem Vorjahr geschrumpft, was zwar einen landesbezogenen Zuwachs von 2,5 auf 9,8 Prozentpunkte Wähleranteil und vier statt drei Mandaten ausmacht, gegenüber 1990 (11,03 Prozent) aber deutlich abfällt.
Pius Strobl hat die Listenkoalition der Vereinten und Alternativen Grünen auch nicht das erhoffte Landtagsmandat beschert: im Miteinander wurden jetzt 3,3, im Gegeneinander wurden im Vorjahr 3,2 Prozentpunkte Stimmenanteil erreicht, unterm Strich trotzdem weniger Stimmen als 1990.
Dritte Kraft: NichtWähler
Denn insgesamt ist bei mehr Wahlberechtigten auch im Burgenland die Wahlbeteiligung deutlich zurückgegangen: 89 Prozent bei den Landtagswahlen 1987, 88,5 Prozent im Oktober 1990, nur mehr 85,03 Prozent am 23. Juni. Fast 15 Prozent, mehr als 31.000 Nicht-Wähler. Zum Vergleich: Die FPÖ erreichte rund 16.700 Stimmen.
Abgesehen davon, daß die Volkspartei bei den Landtagswahlen in Oberösterreich 1985 und in der Steiermark 1986 noch durch die Protesthaltung gegen die rotblaue Bundeskoalition „Traumergebnisse" erzielt hat, die so nicht wiederholbar sind, während es für alle anderen nur besser werden kann, stellt sich für Josef Rat-zenböck und für Josef Krainer die Frage, was sie als, J-andeshauptmann-Bonus" in dieser Auseinandersetzung noch lukrieren können.
Elf Prozent „Bonus"?
In der Steiermark hat die ÖVP auf Landesebene vor fünf Jahren mit 51,7 Prozent Stimmenanteil die absolute Mehrheit geschafft, bei den Nationalratswahlen 1990 mußte sie sich mit 33,18 Prozent begnügen. Differenz: 18.5 Prozent.
Ratzenböck triumphierte 1985 im Land mit einem Stimmenanteil von 52,1 Prozent, im Oktober des Vorjahres konnte er auf dem Konto seiner Partei lediglich 33,28 Prozent Stimmenanteil im Land verbuchen. Differenz: 18,8 Prozent.
Was wiegt der „Landeshauptmann-Bonus"?
Ratzenböck schnitt bei der Landtagswahl 1985 immerhin noch um 10.6 Prozentpunkte besser ab als die Volkspartei im Land bei der Nationalratswahlen 1986. Und Krainer übertraf im September 1986 bei der Regionalwahl das steirische Bundeswahlergebnis der ÖVP vom November des Jahres um 10.75 Prozent Stimmenanteil.
Auch wenn sie im Gegensatz zu Franz Sauerzopf (noch) hoffen dürfen, daß der dieswöchige ÖVP-Bun-desparteitag (siehe Seite 3) der parteiinternen Selbstzerfleischungein Ende setzt unddie Uhren dann wieder anders gehen: Elf Prozent „Landeshauptmann-Bonus" gegenüber dem ÖVP-Abschneidenl990 reichen im Herbst aber nicht mehr „zum Halten" aus.
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