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Geldverstopfungstaktik

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Bei seiner Pressekonferenz über das Budget 1975 hatte Finanzminister Androsch eine Bombe parat: Die De-facto~ Steuerfreiheit für Wahlspenden wird abgeschafft. Theoretisch waren Spenden für politische Parteien auch bisher keine Steuerabzugsposten. Praktisch gibt es eine Hintertür: Beiträge zu Interessenvertretungen sind steuerlich absetzbar — und was die Interessenvertretungen dann mit dem Geld machen, entzieht sich der Kontrolle durch das Finanzamt.

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Bei seiner Pressekonferenz über das Budget 1975 hatte Finanzminister Androsch eine Bombe parat: Die De-facto~ Steuerfreiheit für Wahlspenden wird abgeschafft. Theoretisch waren Spenden für politische Parteien auch bisher keine Steuerabzugsposten. Praktisch gibt es eine Hintertür: Beiträge zu Interessenvertretungen sind steuerlich absetzbar — und was die Interessenvertretungen dann mit dem Geld machen, entzieht sich der Kontrolle durch das Finanzamt.

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Will man diese Hintertür verrammeln, wäre es das Nächstliegende, Betriebsprüfungen auch für Interessenvertretungen einzuführen. So wenigstens stellt sich dies der normale Staatsbürger vor. Er übersieht freilich eines: Eine solche Regelung träfe auch die Gewerkschaften, und diese lassen sich nicht gern in die Karten schauen. Das weiß Hannes Androsch und respektiert es — um so mehr, als auch die sozialistische Partei für eine Kontrolle der gewerkschaftlichen Finanzgebarung wenig übrig hätte.

Künftig soll auf Wunsch des Finanzministers die steuerlicne Ab-schreibbarkeit von Beiträgen zu Interessenvertretungen mit 2 Prozent des Gewinns bzw. 0,5 Prozent

der Lahnsumme für Selbständige und mit 2 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens für Unselbständige limitiert werden. Damit, so argumentiert Androsch, können die echten Aufgaben der Interessensver-tretungen .finanziert werden, diese können aber nicht mehr dazu mißbraucht ' werden, durch ihre Zwischenschaltung Wahlkampf spenden an Parteien steuerlich abschreibbar zu machen.

Daß die SPÖ von dieser Maßnahme weniger betroffen ist als die ÖVP, wird gar nicht bestritten. Das komme davon, so wird behauptet, daß sich die Sozialisten aus den Beiträgen der kleinen Leute, ihrer Mitglieder, finanzieren, wogegen sich die ÖVP von der Industrie aushalten lasse.

Propagandistisch ist das sehr wirkungsvoll, aber ganz so liegen die

gerade in den Städten große Zuwächse erreichte, war bei den Bundespräsidentenwahlen kein deutlicher Trend sichtbar. Lediglich in den obersteirischen Industriestädten (Leoben, Mürzzuschlag, Bruck, Judenburg und Knittelfeld) dürfte Lugger größeres Vertrauen gefunden haben.

WOLFGANG KOLLER

Dinge auch wieder nicht. Die Industriellen, so sagte bereits der gewiß nicht unternehmerfeindldche Kanzler Raab, können zusammen nicht einmal die Zehe eines Abgeordneten wählen. Eine Partei, die

— wie die Sozialisten unterstellen

— nur die Interessen des Unternehmertums vertritt, wäre im Parlament eine quantite negligeable.

Will eine Partei innenpolitisch präsent sein, muß sie zwangsläufig die Interessen des .^kleinen Mannes“, vornehmlich der Unselbständigen, vertreten. Wenn die Industrie die ÖVP unterstützt, so aus der Erkenntnis heraus, daß deren Auffassung von Politik für sie weniger nachteilig ist als diejenige einer Partei, deren einbekanntes Ziel die Schwä-

chung des Privateigentums und ein staatlicher Dirigismus sind.

Anderseits ist es nur eine Fabel für Naive, daß die SPÖ ihre Ausgaben — einschließlich der Wahlkampagnen — aus Mitgliedsbeiträgen bestreitet. Im Gegensatz zur ÖVP sind ihre Bindungen zu iliren Financiers sogar viel enger. Während die ÖVP von der jeweiligen Laune ihrer Geldgeber abhängig ist und deren Spendierfreudigkeit möglicherweise stark zurückgeht, wenn die — indirekt gewährte — Unterstützung nicht mehr abzugsfähig ist, können die Sozialisten vielfach selbst bestimmen, was sie zu erhalten haben und wie: Wird doch eigentlich der Gewerkschaftsbund von der sozialistischen Fraktion beherrscht, was ganz offen darin zum Ausdruck kommt, daß der ÖGB vielfach — entgegen seiner statutenmäßig festgelegten parteipolitischen Neutralität — ziemlich unverblümt sozialistische Vorstellungen auf eigene Rechnung — unter Einsatz seines ganzen Prestiges — betreibt.

Darüber hinaus sind die Führungsgremien vieler gemeinwirtschaft-llicher und genossenschaftlicher Unternehmen wie auch diejenigen diverser Kreditinstitute und Versicherungen mit Männern besetzt, die ihre Karriere der sozialistischen Partei oder der Gewerkschaftsfraktion verdanken und von diesen weiterhin abhängig sind.

Natürlich wäre es wünschenswert, die Parteienfinanzierung für die Öffentlichkeit transparenter zu machen. Aber dann bei allen Parteien! Das Bundesfinanzgesetz, das ohnehin schon allzusehr für gesellschaftspolitische Zwecke mißbraucht wird, sollte nicht auch noch ein Instrument der Parteipoli'tik werden.

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