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Gemeinsam etwas tun

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Ein alter, ausgedienter Pfarrhof, relativ kleine Räume, auf einigen nicht mehr ganz neuen Fauteuils und Hok-kern sitzen ein paar Jugendliche im Gespräch vertieft beisammen. Aus dem Nebenzimmer hört man eine Gitarre, in einem anderen Zimmer wird Billard gespielt. Wir gehen ein paar Stufen hinunter, ein Kellergewölbe ist mit alten Teppichen ausgelegt, eine Menge kleiner bequemer Sitze stehen im Kreis, das ist der Meditationsraum.

Einige Jugendliche kommen herzu und erzählen, daß sie selbst all diese Dinge zusammengetragen haben und die Räume nach ihrem Geschmack und ihren Möglichkeiten ausgestalten. Sie fühlen sich richtig daheim hier. „Die Suche nach Gemeinschaft ist das stärkste Motiv für unsere Jugendarbeit”, sagt Pater Georg Sporschill, ein Jesuit.

Etwa 200 Jugendliche kommen in das alte Pfarrhaus. „Hier suchen sie, um der Einsamkeit und dem Streß zu entgehen, Freundschaft.” Aber einfach ist die Jugendarbeit keinesfalls. Die jungen Leute sind sehr stimmungsabhängig und auch launenhaft. Sie müssen gefordert werden, brauchen eine Aufgabe. Darum müsse er Unruhestifter sein, meinte der Jugendseelsorger.

Die Pfarre Lainz ist eine typische Mittelstandspfarre. Auch die jungen Leute hier seien viel zu gemütlich. Sie müssen erst ein Gespür für die Not bekommen, sagt er. Nur einen schwachen Kilometer entfernt stehen die große Krankenanstalt und das Altersheim Lainz. Eine große Herausforderung!

Die 16jährige Maria hat mit ihrer Gruppe einen Besuchsdienst in den naheliegenden Altersheimen begonnen. Bisher haben etwa 40 Jugendliche mit einzelnen alten Menschen Kontakt aufgenommen und schon ein wenig Freundschaft geschlossen. Jede Woche treffen sich die einzelnen Arbeitskreise. Diese Zusammenkünfte sind wichtig, um die Durchhaltekraft des einzelnen zu stärken. „Das wichtigste Ziel ist: selbst radikal zu werden und die verborgene Not zu sehen”, meint Pater Sporschill.

Die Jungen müssen sehen lernen, daß es um soziale Gerechtigkeit in allen Strukturen, allen Schichten und in allen Kontinenten geht. Stephan leitet einen Arbeitskreis für Entwicklungshilfe. Ganz bewußt sind diese Jungen auf Sammeln eingestellt, sei es ein Weih-nachtsbazaf, eine Theateraufführung in der nahen Volkshochschule oder ein persönlicher monatlicher Geldbetrag. Mit dem gesammelten Geld wird in Zentralafrika die Missionsstation „Kembe” unterstützt.

Als „Stachel im Fleisch”, ja als Skandal empfindet Pater Sporschill, daß er die Lehrlingsseelsorge noch nicht in den Griff bekommen konnte. Zwei große Gemeindesiedlungen gehören zur Pfarre, doch hat er kaum Zugang zu Lehrlingen und Arbeitern. Die Kontakte der Mittelschüler und'Studenten zu ihren Kameraden aus der Volksschule sind zumeist abgerissen. Andere Interessen, andere Ausdrucksformen erschweren die Verständigung. Doch die Arbeiter bleiben im Zielpunkt.

Nach zwei Richtungen geht die Jugendarbeit, außer dem sozialen Einsatz soll sie auch |ine Schule des Gebetes sein. Bei dem weitaus überwiegenden Teil der Jugendlichen gibt es in der Familie kein gemeinsames Gebet. Es fehlt somit an der „Grundnahrung”.

Doch die jungen Menschen sind heute durchaus religiös ansprechbar und sind wesentlich ungenierter als die ältere Generation. Etwa 30 bis 50 Burschen und Mädchen kommen wöchentlich zu einem Gebetskreis zusammen, den sie selbst gestalten. Sie lernen dabei frei zu beten und mit den anderen über Gott zu sprechen. Oft missionieren sie zu Hause ihre Eltern und bringen sie mit.

Eine Aktionslinie, die besondere Aufmerksamkeit fordert, betrifft die Heilige Schrift. „Jeder Adventist kann uns mit seinem Bibelwissen beschämen. Wir sind dabei, uns eine Methode zu erarbeiten, damit uns die Bibel tatsächlich zur Lebenshilfe werden kann. Da muß noch sehr viel geschehen”, sagt der junge Pater.

In der Pfarre wird sehr gute Arbeit mit Jungschar- und Firmgruppen geleistet. So kamen allein im vergangenen Herbst 70 Vierzehnjährige neu zur Jugend. Außerdem sind in den letzten drei Jahren wie durch Zellteilung über 20 Gruppen zu höchstens zehn bis zwölf Jugendlichen entstanden. Für das Programm ist jeweils der jugendliche Leiter verantwortlich.

Einmal im Monat treffen sich die Gruppenleiter, um Erfahrungen auszutauschen, Programme zu erarbeiten und Aktionen zu planen. Wichtiger aber als alle Programme ist auch in diesem Kreis die Freundschaft.

Jeder, der Verantwortung übernimmt, gehört dazu. Es ist ein aktives Angebot gegen Massenbetrieb, Passivität und Langeweile.

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