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Gemeinsam kraft Verfassung

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In Salzburg erinnern sich nur mehr wenige an das letzte Plakat, das die ÖVP vor fünf Jahren zur Salzburger Landtagswahl drucken ließ: Man sah darauf den damaligen Landeshauptmann Hans Lechner mit einer hochgestellten Hemdkragenecke, eine Krawatte umbindend. Die indirekte Frage, die dahinter stand: „Soll Hans Lechner Landeshauptmann bleiben“? Die Vaterfigur siegte.

So sieht es heute die Salzburger SPÖ, die damals Karl Steinocher im schwarzen Zweireiher vor die Festung stellte und verlor.

Diese Erkenntnisse bestimmten die Strategie des diesjährigen Landtagswahlkampfes der Sozialisten. Und sie schien zu stimmen: Denn mit einem Defizit von rund 600 Stimmen mußte die ÖVP ein Mandat und einen Regierungssitz abgeben, den die Sozialisten erhielten. Sie präsentierten nun den 32jährigen Landesparteisekretär Wolfgang Radlegger als neuen Landesrat, dessen Bück bereits auf den 14. Oktober und die Gemeindevertretungswahlen gerichtet war, der die Nationalrats wahl, einen Parteirat, eine kommunalpolitische Konferenz im Juni im Auge hatte und weniger den Stuhl im Chiemseehof.

Radlegger, seit seinem 21. Lebensjahr direkt im Parteiapparat, ist jedoch sicherlich nicht ohne Ehrgeiz, hat sein Jus-Studium „leider nicht abgeschlossen“ - „leider“ nicht, well er an einem Komplex leide, sondern weil dies in seinem Leben bisher das einzige war, was er nicht zu Ende gebracht habe.

Die Landtagswahl hat er logistisch durchgespielt: Zu Beginn dieses Jahres schien sich für die Volkspartei ein 19. Mandat mit hoher Wahrscheinlichkeit abzuzeichnen. Die Frage, die die SPÖ als Entscheidungsfrage nun stellte-wie weiland die VP: Wollt ihr Lechner wieder haben? - lautete: „Nehmt ihr eine VP-Übermacht mit 19 Mandaten hin?“. Die Alternative dazu, unterschwellig: „Oder wollt ihr weiter eine Zusammenarbeit im Salzburger Klima haben?“

Denn, so hat die SPÖ erhoben, nur zehn Prozent der Salzburger wollten eine alleinregiereride ÖVP, acht Prozent eine große Koalition unter Ausschluß der dritten Partei, aber 80 Prozent bekannten sich zur Drei-Parteien-Landschaft.

So blieb nur mehr, den kühlen Intellektuellen Herbert Moritz, Landeshauptmann-Stellvertreter der SPÖ, den Wählern so zu präsentieren, daß nicht wieder eine Verzeichnung zustande kam, die Steinocher vor fünf Jahren zu büßen hatte.

Moritz darstellen, wie er ist, seine positiven Eigenschaften besonders unterstreichen, ansonsten keine Kosmetik, lautete diesmal das Rezept, mit dem nun die ÖVP nur 17, die SPÖ 14 und die FPÖ 5 Mandate wie bisher erreichten.

„Bürgerliste“ und NichtWähler verschafften der ÖVP die relative Niederlage und, das ist zu sagen, die

Partei hat sich zusätzlich optisch in die Rolle des Verlierers drängen lassen, wiewohl natürlich mit dem einen Mandat auch ein Regierungssitz- der zweite Mann des Wirtschaftsbundes, Finanzreferent Albert Steidl, geht aus der Regierung und anstelle von Helmuth Frauscher in den Nationalrat - verloren ist.

Die Rechnung legten die Sozialisten umgehend - noch vor dem ersten Kontakt in Parteienverhandlungen - auf den Tisch: Sie wollen mehr Einfluß auf das Wirtschaftsgeschehen, auf die Wirtschaftsförderung und, damit zusammenhängend, auch auf den Wohnbau. Wobei, so Radlegger, es nicht um ein enges Ressortdenken gehe - er spielt wie die Bundespartei mit Fonds und Beiräten.

Nun: Die Vorgangsweise nach diesen Landtagswahlen kann nur wieder eine „gemeinsame Politik kraft der Verfassung“ sein, denn in Salzburg sind die Parteien gehalten, miteinander zu regieren. Die Details freilich dürften noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Denn 1974 hat die ÖVP den Sozialisten mit dem Gesundheitsressort die Landeskrankenanstalten abgenommen; die SPÖ hat aber noch gar nicht deutlich zu erkennen gegeben, daß sie diesen Bereich überhaupt wieder haben möchte.

So formuliert auch Landeshauptmann Wilfried Haslauer die Notwendigkeiten auf dem Gebiet der Gesetzgebung eher unbekümmert:-Seniorenförderungsgesetz, Jugendförderungsgesetz, Neufassung der Sportförderung von 1949, Aufnahme der Briefwahl, Bodenwertausgleich (Gründe werden Grünland bleiben und der Besitzer hat nichts davon, andere werden Bauland und der Besitzer verdient; diese Ungleichheit, die zumeist Bergbauern treffen würde, soll ausgeglichen werden), bürgernahe Verwaltung mit Büros zur Bürgerberatung bei den Bezirkshauptmannschaften und schließlich die Detailerrichtung der Medizinischen Fakultät Salzburg im zweiten und dritten Studienabschnitt, nachdem die Neubauten und Institute an den Landeskrankenanstalten auf Universitätsanforderungen eingerichtet wurden.

Haslauer weiß natürlich genau: „Durch den Verlust eines Mandats ist ein Ressort an den neuen Landesrat abzugeben“, aber schematische Übertragungen gebe es aber sicherlich nicht. Das glauben auch nicht die Sozialisten, die lieber neu verteilen würden, während die Freiheitlichen an ihrem Ressort und Landesrat Josef Baumgartner nicht rühren, da sie „gut davongekommen“ sind, wie Landesparteiobmann Vizebürger-meister Waldemar Steiner formuliert, und damit eine „echt mitbestimmende Kraft in der Regierung“ werden. Nicht zuletzt übrigens dank der SPÖ, die mit dem Hinweis auf die Beibehaltung der bisherigen Zusammenarbeit in der gewohnten Form die Freiheitlichen propagandistisch „mitgenommen“ hat.

Von freiheitlicher Seite wird natürlich auch in Erinnerung gerufen, daß vor zwei Jahren das „Salzburger Volksblatt“ von einer ÖVP-nahen Gruppe übernommen und nun „mit Geldern des Raiffeisenverbandes“ VP-Wahlwerbung in dieser bisher .freiheitlichen Grundsätzen zugetanen Zeitung betrieben wurde, wie FPÖ-Chef Waldemar Steiner anmerkt. Jetzt soll das „Volksblatt“ eingestellt werden.

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