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Gemeinsame Wurzeln

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Seit Jahren berichten der ORF und die FURCHE über die jüdisch-christliche Bibelwoche, die jeden Sommer im Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf/Rhein (BRD) stattfindet. Diese Berichte gaben heuer den Anstoß zur Durchführung einer jüdischchristlichen Bibelwoche in Graz-Mariatrost.

Die Grazer Tagung vom 19. bis 24. Juli konnte in jeder Hinsicht einem Vergleich mit ihrem Vorbild standhalten. 94 christliche Teilnehmer hatten sich gemeldet, um bei dieser gemeinsamen Veranstaltung von Bildungshaus Mariatrost, Evangelischem Bildungswerk und Israelitischer Kultusgemeinde gemeinsam die Kluft zwischen Juden und Christen zu verringern und miteinander Informationen auszutauschen.

Das Thema der Woche war „Das Gebet in der Bibel". Dozent Zwi Weinberg von der Bibelabteilung der Bar-Il-an-Universität und der Luzerner Ordinarius für Bibelwissenschaft und Judaistik, Pater Clemens Thoma, führten den Hörern vor Augen, wieviel Gemeinsames zwischen christli-

chem Sproß und jüdischer Wurzel sich in Gebeten findet. Darüber hinaus finden sich die Psalmentexte in der Tradition beider Religionen, wenn sie auch nicht immer gleich ausgelegt werden.

Einen Höhepunkt erlebten die Tagungsteilnehmer im christlichen Abschlußgottesdienst. Clemens Thoma sprach über die vertrockneten Gebeine (Ezechiel 37, 1-14), denen Gott Leben einhauchen würde. Die Deutung dieser Textstelle erschütterte nicht nur im Hinblick auf das jüdische Exil in Babylon und nach der Tempelzerstörung, ist ebenso an uns alle gerichtet, die wir heute leben. („Wir sollten alle bemüht sein, die Schöpfung Gottes nicht verdorren zu lassen", meinte eine Teilnehmerin).

Obwohl es schwierig war, die politische Dimension christlichjüdischer Verständigung auszuklammern, waren doch alle Referenten der Tagung darauf bedacht.

Erika Horn schloß namens der Leitung des Bildungshauses Mariatrost diese erste christlich-jüdische Bibelwoche — der nach allgemeinem Wunsch noch viele fol-

gen sollen — mit den Worten: „Wenn wir nun einen Gottesdienst als Christen feiern, so wissen wir uns in Liebe und im Geist mit jenen verbunden, mit denen wir die Wurzeln unseres Glaubens gemeinsam haben. Dankbar sind wir uns dessen bewußt geworden und danken Gott dafür."

Im Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf fand indessen in diesem Jahr bereits die 14. Bibelwoche statt. Chronologisch fortschrei-tend ist man heuer beim zweiten Teil des Buches Samuel 2 angelangt. Im Mittelpunkt der diesjährigen Bibelwoche stand König David, seine Erwähltheit und seine menschliche Sündhaftigkeit, der doch gleichzeitig beispielgebend ist für künftige Generationen in seiner Bußfertigkeit.

Im jüdischen Gottesdienst, der in der Kapelle des Hedwig-Dransfeld-Hauses gehalten wurde, schloß die Predigt als Höhepunkt der Tagung mit der Frage: „Wenn David Bathscheba nicht verführt und Uria nicht ermordet hätte und er wäre doch von Gott angenommen worden, welche Hoffnung bliebe dann für uns?"

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