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Generalsynode diskutierte über die Frau im Pfarreramt

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Im Albert-Schweitzer-Haus fand traditionsgemäß die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche wie die Generalsynode beider Bekenntnisse, des lutherischen und des reformierten, statt. Die Synode der Evangelischen Kirche H. B. tagte in der Dorotheergas-se.

Zwei Anträge lagen der Generalsynode vor, die die Gemüter der 72 Synodalen erhitzten. So war es am ersten Tag der Beratungen die Vorlage der Synode H. B. zur Kernkraft. Die Generalsynode entschloß sich zu keiner Aussage in Energiefragen, obwohl die Antragsteller nachdrücklich betonten, ihr Papier richte sich nicht gegen Atomkraftwerke. Es enthalte vielmehr einen Appell zur „Energieaskese“, der Österreicher möge mehr ethisch als wirtschaftlich denken.

Völlig überraschend beschloß die Generalsynode nach einer heißen Debatte auf Grund eines Initiativantrages des Wiener Superintendenten, auch den ordinierten weiblichen Theologen den Amtstitel „Pfarrer“ zuzuerkennen. Damit wird die Gleichstellung betont. Vorher war es bei der Debatte über die „Frau in der Kirche“ sehr emotionell zugegangen. Es lag ein Antrag vor, jenen Paragraphen in der Ordnung des geistlichen Amtes zu streichen, der das Ausscheiden der ordinierten „Pfarrvi-karin“ vorsieht, wenn sie heiratet, wobei aber die Ordinationsrechte beibehalten werden und der Verbleib im Dienste der Kirche über Antrag durchaus möglich ist. Gegenwärtig betrifft diese Regelung drei im Dienste der Kirche stehende ordinierte Frauen. Der Antrag auf Streichung des Paragraphen wurde abgelehnt und die Materie in zwei Ausschüsse verwiesen.

In der Debatte sprach man von Diskriminierung der Frau, aber auch vom Schutz der Frau durch das Gesetz. Der Vorwurf veralteten patriarchalischen Denkens wurde laut und die Anwen-

dung der Menschenrechte für Theologinnen gefordert. „Der Zölibat wird nur von den Frauen gefordert?“ BiU ter klang aucih die Äußerung, daß man in Notsituationen wohl die Frau im Dienste der Kirche brauche. Sobald sich aber die Lage normalisiert, verzichte man wieder auf ihren Dienst. Natürlich sprach man auch von Rücksicht auf die Gemeinde und die besondere Diasporasituation.

Auch die Zulassung noch nicht konfirmierter Kinder zum Abendmahl fand keine Mehrheit. Voten für die Zulassung sahen im sonntäglichen Gang zur Kirche die Möglichkeit eines Familiengottesdienstes und das Hineinnehmen von Eltern mit ihren Kindern in die christliche Gemeinschaft. Ein Argument dagegen sprach davon, Kindern werde nichts vorenthalten, sei doch auch das Wort im Gottesdienst Sakrament. Man will auf der nächsten Session Entscheidungsgrundlagen vorlegen und dann zu einem Beschluß kommen.

Auch die Annahme des revidierten Luthertextes, Lutherbibel '75, wurde verweigert. Man schloß sich vielmehr der dringenden Empfehlung des Theologischen Ausschusses an, weiterhin den Luthertext in der Revision von 1956 und 1964 beizubehalten, da dieser allen vertraut und sowohl sprachlich als auch inhaltlich der neuen Ubersetzung überlegen sei.

Ein Appell des steirischen Superintendenten, die Kirche möge sich für die Pressearbeit verantwortlich fühlen, da sie für die Kirche in der Diaspora ein ungeheuer wichtiges Instrument nicht nur der Information, sondern auch der Verkündigung, sei, fand Zustimmung des Plenum.

Die Lage des Evangelischen Jugendwerkes in Österreich, ein schon etliche Sessionen die Generalsynode beschäftigendes Thema, war ebenfalls

Gegenstand langer Debatten und Beratungen. Ergebnis: Das Jugehdwerk bMibt weiterhin vom Oberkirchenrat kommissarisch verwaltet, da an die „neue Ordnung“ noch letzte Korrekturen angebracht werden müssen. Das Jugendwerk habe, betonte Bischof Oskar Sakrausky, ideell, aber auch finanzpolitisch die Lage einer Diasporakirche falsch eingeschätzt. In viereinhalb Jahren mußte die Kirche 10,5 Millionen Schilling an Subventionen dem Jugendwerk zuschießen. Nun hofft man, die steirische Burg Finstergrün günstig verkaufen zu können und

dann endlich das Hauptgewicht auf eine geistliche Zurüstung der Jugendarbeit legen zu können.

Neben den Hauptproblemen behandelte man eine Reihe gesetzgeberischer und verwaltungstechnischer Tagesordnungspunkte und ließ durchblicken, daß eine neue Session der Generalsynode in nicht allzu ferner Zeit zu erwarten sei.

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