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Genossen, es zählt der Profit!

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Streit um die letzte Finanzspritze für die Verstaatlichte: Die SPÖ will einen geschlossenen Großkonzern, die ÖVP Privatisierung und kleine Einheiten. Kommt nach der Finanz- die Sinnkrise?

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Streit um die letzte Finanzspritze für die Verstaatlichte: Die SPÖ will einen geschlossenen Großkonzern, die ÖVP Privatisierung und kleine Einheiten. Kommt nach der Finanz- die Sinnkrise?

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FURCHE: Was steckt hinter dem Streit um die letzten 6,15 Milliarden Schilling Finanzhilfe für die Verstaatlichte?

JOSEF CAP: Was derzeit läuft, ist im Grunde kein ideologischer, sondern ein ökonomischer Streit zwischen ÖVP und SPÖ.Es geht der ÖVP nämlich gar nicht um die Frage „Mehr privat - weniger Staat“, die sie immer so plakativ in den Raum stellt. Es geht darum, daß diese Partei überhaupt keinen österreichischen Großkonzern wilL Sie will einfach nur privatisieren. Was sich verkaufen läßt, soll verkauft werden, der Rest soll halt in Händen des Staates bleiben oder es wird zugesperrt. Das ist ökonomisch nicht sehr sinnvoll.

FURCHE: „Änderungen der Eigentumsverhältnisse zur Sanierung und Strukturverbesserung sind nicht auszuschließen“, heißt es doch auch im Arbeitsübereinkommen der beiden Parteien. Hat die SPÖ das gar nicht wirklich ernst gemeint?

CAP: Natürlich war diese Formulierung von uns ernst gemeint. Aber die ÖVP stellt die Frage falsch Die müßte lauten: Wo ist es sinnvoll, daß der Staat nach wie vor präsent ist, und wo ist es sinnvoll, daß Private stark präsent sind.

FURCHE: Wie sinnvoll ist ein starker verstaatlichter Konzern?

CAP: Der Staat muß immer präsent sein und regulierend eingreifen dürfen. Das gilt ja nicht nur für die Gentechnolgie oder den Umweltschutz, sondern auch für die österreichische Industrie. Wir brauchen ein starken Konzern in inländischer Hand, der zwar mit ausländischem Kapital kooperiert, aber nicht aufgekauft werden kann. Wenn wir die Verstaatlicht e komplett privatisieren, werden sich wahrscheinlich einige große österreichische Kapitaleigner einkaufen, der Rest geht ins Ausland. Das ist ökonomisch unklug. Wir brauchen einen österreichischen Großkonzern, der international mitmischen kann. Unser Problem ist doch, daß es derzeit weltweit einen starken Trend zu Unternehmenskonzentrationen gibt, wo Betriebe der Reihe nach aufgekauft werden, um konkurrenzfähig und marktbeherrschend zu bleiben. Ich verstehe die ÖVP da einfach nicht. Vor allem verstehe ich nicht, woher sie das „Ö“ in ihrem Namen hernimmt. Die denkt doch gar nicht mehr national. Außerdem glaube ich, daß dieser Streit nur Wahltaktik ist, und sich auch in der ÖVP letzen Endes der ökonomische Sachverstand durchsetzen wird.

FURCHE:Das „Faß ohne Boden“ als marktorientierter Großkonzern, der auf gemeinwirtschaftliche Ziele, wie sie auch im Parteiprogramm der SPÖ von 1978 festgeschrieben sind, verzichtet. Ist dieser Verzicht endgültig?

CAP: Die Verstaatlichte war in den siebziger Jahren Schrittmacher für die Wirtschaft. Sie diente auch der Arbeitsplatzsicherung und sozialen Experimenten, wobei man versucht hat, den Konzern von den internationalen Entwicklungen abzukoppeln. Diese Entwicklung war zum'damaligen Zeitpunkt richtig und gut. Aber das geht heute ökonomisch einfach nicht mehr. Es geht nicht mehr, daß Politiker nach Polen oder in die Sowjetunion pilgern und dort politisch die Projekte ausmachen. Der Konzern muß sich dem Weltmarkt preisgeben, der rauhen Luft aus Singapur und Taiwan und den Herausforderungen des EG -Binnenmarktes stellen. Dazu brauchen wir einen starken, konkurrenzfähigen Konzern. Der muß aber funktionieren wie ein privatwirtschaftlicher geführter Betrieb, der Gewinne macht undprofitorientiert ist. Es wird also keine sozialen Experimente oder Arbeitsplatzgarantien geben können. Gewinne sind die beste Garantie für Arbeitsplätze und auch dafür, daß wir den Wohlfahrtsstaat aufrechterhalten können.

FURCHE: Ein enormer Gesinnungswandel. Haben Sie keine Angst, daß nickt nur Bruno Kreisky mit dieser SPÖ nichts mehr zu tun haben will?

CAP: Die SPÖ besteht ja nicht nur aus ihrem linken Flügel, sondern sie ist ihrem Wesen nach eine Art linke Volkspartei, in der sich die verschiedensten Gruppen wiederfinden sollen. Jetzt hat eine andere Generation das Sagen und sozialdemokratische Ideologie heißt ja nicht, daß etwas festgesetzt wird, das dann bis in alle Ewigkeit gilt. Man muß verändern, neue Wege suchen, an neuen Gesellschaftemodellen basteln. Sogar in den Ostblockländem zwingen die ökonomischen Verhältnisse zu politischen Änderungen. Da muß auch das kleine Österreich mit und kann sich nicht abkoppeln. Der eigene österreichische Weg ist jedenfalls heute nicht mehr vollziehbar.

Da Gespräch mit dem Zentral Sekretär der SPÖ führte Hfl Thiemer.

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