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Genügt Kreuz am Revers?

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Ich habe vor Priestern, die sich heute und hier im Westen, wo sie weitgehend unbehelligt sind, hinter Kragen und Krawatte verstecken, jede Achtung verloren. Von uns verlangen sie „Bekennermut“, und selber sind sie feige!

Ich wohne in einem Viertel unter lauter Juden - ich sehe sie in den charakteristischen Mänteln, mit ihren Hüten - unverkennbar. Ich sehe auch die jüdischen Knaben mit Käppchen und Schläfenlocken - die fürchten oder schämen sich nicht!

Oder glauben die jungen Kapläne, sie gewinnen die Jugend im Rollkragenpullover und mit Bart? Und das kleine Kreuzchen für den Rockaufschlag - gewissemaßen als Vereinsabzeichen? So klein, daß es zu sagen scheint: „Ach bitte, überseht mich doch!“ Da haben ja die Hippie's ein größeres um den Hals hängen!

Für mich ist ein Priester, der sich schämt, sich zu deklarieren, einfach ein Verräter an jenen, die in den KZ's umgekommen sind und heute noch im Osten verfolgt werden.

Anna Wenzel 1020 Wien

Die geistliche Kleidung erinnert die Menschen an Gott und die Reli-

gion, ritzt ihr Gewissen und führt sie zum Nachdenken. Den Gläubigen gibt sie Mut und Freude. Wenn ziviltragende Priester meinen, auf diese Weise den Menschen näherzurücken, kann ihnen versichert werden, daß beim weitaus größten Teil der durch ständige Neuerungen ohnehin schon zu Genüge verwirrten und verunsicherten Gläubigen durch den Anblick Pulli und Krawatten tragender Priester Mißmut und Unbehagen ausgelöst wird.

Die Verpflichtung zum Tragen von Ordenskleidung hat nicht nur der Heilige Vater vor kurzem wieder in Erinnerung gerufen, auch die Kongregation für Ordensleute und Säkularinstitute hat, unter Hinweis auf das Zweite Vatikanische Konzü, in einem Schreiben vom August 1972 die Ordensleute und Priester zum Gehorsam aufgerufen, ein Kleid zu trägen, das den gottgeweihten Stand erkennen läßt. Ein Anlaß, wo christliche Klugheit dem Priester gebietet, das totale Zivil zu tragen, wird selten der Fall sein, in den weitaus meisten Fällen ist wohl Bequemlichkeit, Eitelkeit und Feigheit der Grund dafür.

Erich Hornig 8010 Graz

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Seit wann gibt es eine „klerikale“ Tracht? Die ältesten Nachrichten stammen aus der Zeit der Völkerwanderung. Den Klerikern wurde empfohlen, nicht nur bei der Feier der Liturgie, sondern auch im Privatleben die lange römische Kleidung (Tunica) beizubehalten und sich nicht einer kurzgeschnittenen fremdländischen Tracht zu bedienen. All-

gemein verpflichtende Vorschriften wurden zum erstenmal auf dem 4. Laterankonzil (1215) erlassen. Seit damals kam es in den einzelnen Diözesen immer wieder zu Anordnungen über die Priesterkleidung. In der Regel sollten damit Mißstände beseitigt werden. Zu allen Zeiten wurden vernünftige Änderungen zunächst toleriert und später offiziell anerkannt.

In unserer Zeit, da vor allem der Jugend Einfachheit und eine auf das Praktische hin ausgerichtete Lebenshaltung imponieren, könnte als Regel gelten: Ein Kreuz am Revers genügt, den Träger eindeutig als Geistlichen zu kennzeichnen. Prof. Roegele behauptet, daß das Tragen des „Priesterkreuzes“ Ausdruck einer gemäßigt-mittleren Haltung wäre. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Annahme nicht.

Dr. Karl Klamminger 8073 Feldkirchen bei Graz

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Was ein priesterliches Kleid bedeutet, dazu ein Geschichtchen: Auf ihrem Rückzug waren die Ungarn am Östersonntag 1945 in Jedenspeigen gelandet und hatten mit uns Ostern gefeiert. Der Militärkaplan Georg Elm hatte im Pfarrhof Quartier genommen und mir einen Wink gegeben,' wie ich mich vor den Russen schützen könnte: „Gehen Sie immer im Talar, das ist der einzige Schutz, den es gibt, die Russen haben Achtung vor dem Popen und seinem Kleid.“ Das hat sich dann auch bewahrheitet: Ab und zu klopfte mich einer ab und suchte nach der „Urra“, aber sonst blieb ich unbehelligt. In dem Keller des Hauses, das die Russen beschlagnahmt hatten, wohnten die Besitzer und zugezogene Flüchtlinge. Ich besuchte sie täglich. Wenn ich einmal nicht kam, fragte der Kommandant: „Wo ist heute der Pope?“ Der Pfarrer eines Nachbarortes ist nicht vorgewarnt worden und meinte, das geistliche Kleid ablegen und in Laienkleidung mit Krawatte sicherer zu sein. Die Russen kamen dahinter, ließen ihn an der Marchbrücke den ganzen Tag arbeiten und schickten in abends im Adamskostüm nach Hause.

Msgr. Karl Ostreicher 2020 Hollabrunn

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Die Frage der Priesterkleidung war vor dem 2. Weltkrieg und im Krieg keine Frage, da jeder Priester nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Öffentlichkeit seinen Talar trug. Jedermann kam ihm auch mit Respekt entgegen.. Nach 1945 wurde es dann anders, schön langsam begann man sich „auszuziehen“. Aus dem Priester wurde ein „Zivilist“.

Man kann diese Entwicklung verstehen und ich persönlich finde, daß der Priester ein Recht hat, Zivil zu tragen. Die Meinung vieler Katholiken besonders in der Landbevölkerung zeigt aber, daß man es lieber sähe, wenn der Priester wiederum im Talar ginge. Dort, wo der Priester die Belange unseres Glaubens und der Kirche vertritt, sollte er im Talar auftreten. Sonst würde ein kleines Kreuz am Jackett völlig genügen. Der Gläubige würde dies erkennen, und jeder Widerspruch wäre beseitigt. Ladislaus Somlyay Oberamtmann 7143Apetlon

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Pro/. Roegeles Beitrag hat ein äußerst intensives Echo geweckt, wobei es nicht ausbleiben konnte, daß sich die Argumente pro und kontra wiederholten. Die FURCHE möchte mit dieser dritten Auswahl aus der Flut von Leserbriefen die Diskussion fürs erste abschließen. Univ.-Prof. Willibald Plöchl, em. Ordinarius für Kirchenrecht an der Universität Wien, wird in einer der kommenden Nummern das Problem nochmal aus seiner Sicht umreißen.

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