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George Bush auf dünnem Eis

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Am 20. Jänner tritt George Bush das Präsidentenamt im Weißen Haus an. Ob der ökonomischen Hypothek, die er von Reagan übernimmt, ist er nicht zu beneiden.

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Am 20. Jänner tritt George Bush das Präsidentenamt im Weißen Haus an. Ob der ökonomischen Hypothek, die er von Reagan übernimmt, ist er nicht zu beneiden.

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Es ist vor allem das Haushaltsdefizit von rund 130 Milliarden Dollar, das so viele Unbekannte und auch Gefahren in sich birgt. Aber das ist es nicht allein: Das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft dürfte, so sagen alle Experten derzeit voraus, von fast vier Prozent im Jahre 1988 auf 2,5 Prozent 1989 sinken.

„Die drei gravierendsten Probleme des neuen Präsidenten sind

das Defizit, das Defizit» das Defizit“, sagte jetzt H. Robert Heller, als Federal Reserve Board Governor einer der Hüter des Dollars in generellem Sinne. Wenn Bush, wie es das Gramm-Rudman-Ge-setz vorschreibt, das Defizit bis 1993 beseitigt, den Haushalt also ausgeglichen haben will, müßte er jährlich 36 Milliarden DoUar einsparen.

Aber wie? Er muß, will er nicht von Anfang an unglaubwürdig erscheinen, bei seinem Versprechen bleiben, keine Steuererhöhungen vornehmen zu wollen, er kann auch kaum die Sozialausgaben verringern — also was tun?

Er kann, will er nicht - und das wird er kaum tun — die Militärausgaben beschneiden, endlich die mannigfaltigen Subventionen angehen, die anzutasten Ronald Reagan immer wieder in Aussicht stellte, um dann stets vor der eige-

nen Courage zurückzuschrecken. Bush wird sicherlich die landwirtschaftlichen Subventionen verringern, aber was er da einsparen kann, wird er, im Gegensatz zu Reagan, in größere Umweltschutz-Projekte stecken, vor allem in solche, die im Norden der USA das Problem des sauren Regens angehen können.

Allgemein wird für 1989 ein Anziehen der Inflationsrate erwartet, und Sorgen dürfte auch weiterhin der Dollar bereiten: Wenn er zu stark fällt, vor allem gegenüber Yen und D-Mark, könnte das zur Destabilisierung der US-Ökonomie beitragen.

Amerika - und auch das wird eine Rolle spielen - ist noch immer der größte Markt für Importe. Aber das US-Territorium ist auch der größte Markt für die einheimische Produktion. Damit sind die USA weniger als andere Industrienationen auf den Export angewiesen: Während im Falle der Bundesrepublik Deutschland

ein Drittel des Bruttosozialprodukts auf Exporten basiert, trifft das im Falle der USA nur zu elf Prozent zu. Auf der anderen Seite nahmen die USA 1988 rund 16,5 Prozent aller weltweit getätigten Exporte auf.

Vieles - das betrifft schließlich nicht nur die US-Ökonomie -hängt von der Entwicklung des ölpreises ab. Auch die Inflation ist in entscheidendem Maße von der Ölpreis-Entwicklung abhängig. Unter Normal-Bedingungen, so sagt beispielsweise „Fortune“ voraus, dürfte die US-Inflations-rate 1989 auf knapp sechs Prozent anziehen, von 4,5 Prozent 1988. Steigt aber der ölpreis über 18 Dollar pro Barrel, muß sich das sehr negativ auswirken.

„Wir bewegen uns auf dünnem Eis“, faßt das US-Magazin „Business Week“ die Ausgangsposition für Bush zusammen, „und der neue Präsident muß sich jetzt Problemen widmen, die er im Wahlkampf gemieden hat.“

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