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Germaniens Denver-Clan

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Gerard Monier, Salzburgs neuer Festspiel-Chef, verabschiedete sich von seinem Brüsseler „Theatre Monnaie" mit Richard Wagners „Ring des Nibelungen". Ein Kraftakt fürs Haus, eine Leistungsschau nach zehnjähriger Ära Monier, ein ästhetisches Konzept, das Brüssel einen Namen gemacht hat.

Da Monier den „Ring" in sechs Tagen aufführen wollte, forderte er von Regisseur Herbert Wernicke extrem sparsame Bilder. Und tatsächlich genügt eine verrottete Fabrikshalle mit altem Sofa, Fauteuils und Klavier. Ein riesiges Panoramafenstergibt den Blick frei auf Wald, Rhein, Felsen und die Götterburg Walhalla, die dem Regensburger. Tempel des Deutschtums nachgebildet ist. Ein zwingendes, von Abend zu Abend deutlicher werdendes Prinzip.

In Wemickes Wagner-Halle sind Götter, Urmutter Erda (wie Cosima Wagner in Trauer am Flügel sitzend), der rote Schicksalsfaden und die toten Helden allgegenwärtig. Ein Endspiel, in dem Gottvater Wotan in schwarzem Anzug und Flügelhelm um Macht und Ehre kämpft, Göttin Fricka wie Queen Elizabeth thront, die Walküre als Riesenweib mit Flügelhelm und Speer klavierauf, klavierab durchs Gelände jagt, Siegmund und Siegfried in Lederhosen bayrische Hel-denurigkeit zeigen, „Politiker" wie König Gunther oder Hagen in Militäruniformen Bilder des Dritten Reichs beschwören und die Zwerge Alberich und Mime wie ein Kommentar zu Wagners Schrift über das Judentum in der Musik wirken. Wagners Magie breitet sich durch alle Zeiten und Räume aus. Wernicke zwingt alle „Ring"-Ebenen in ein Bild.

Dirigent Sylvain Cambreling sorgte nach Problemen des Orchesters in „Rheingold" und „Walküre" für klare Konturen und zeigte dramatische Kraft. Die Besten im etwas gemischten Riesenensemble: Janis Martin (Brünnhilde), Ellen Shede (Sieglinde), Victor Braun (Wotan), Artur Kom (Hunding, Hagen), Franz Josef Kapellmann (Alberich), Uwe Schönbeck (Mime) und Jadwiga Rappe (Erda). Der „Ring" als packende Darstellung des brutalen Machtkampfes dieses Denver-Clans Alt-Germaniens.

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