6834271-1975_05_06.jpg
Digital In Arbeit

Geschäft für Große

Werbung
Werbung
Werbung

Die spektakulären Verkäufe von Daimler-Aktien durch die Familien Quandt und Flick, bei denen das eine Mal ein Ölstaat (Kuwait) der Käufer und das andere Mal ein Ölstaat (Iran) Interessenft war, haben in der Bundesrepublik Deutschland vehement eine Diskussion aufflammen lassen, die erstmals akut geworden war, als sich der Schah von Persien bei den Krupp-Hüttenwerken eingekauft hatte. Bei Krupp wie bei Daimler war es um Unternehmen gegangen, die schon dem Namen nach Herzstücke deutscher Wirt- schaftsmadht darstellen. Was bei Persiens Krupp-Engagement noch begrüßt wurde — der Kapitalzufluß aus den Ölstaaten und eine enge wirtschaftliche Kooperation — erfüllt nun doch bereits angesichts des nur mit Müh und Not verhinderten Ausverkaufs von Mercedes ans Ausland die bundesdeutsche Öffentlichkeit und auch die Politiker mit Sorge.

Es muß damit gerechnet werden, daß die neureichen Ölländer weiter versuchen werden, sich bei attraktiven bundesdeutschen Unternehmen einzukaufen. Die Liste der Unternehmen, die in diesem Zusammenhang genannt werden, ist bereits recht umfangreich geworden und mancher klangvolle Name steht auf ihr. So wird etwa die Bremer Vulkan-Werft genannt, ein zu drei Viertel im Besitz von Hans Heinrich von Thyssen-Bomemisza befindliches Unternehmen, das auf Grund der guten Entwicklung im Tankerbau bestens floriert Auch die Fich- tel & Sachs AG, an der Playboy Gunther Sachs beteiligt ist, wird im Zusammenhang mit den Nahostkäu- fem genannt. Auch der noble Herrenreiter und Versandhauschef Nek- kermann, einer der ganz Großen im Vereandgeschäft, der allerdings unter Kapitalknappheit leidet, soll Angebote aus dem Nahen Osten besitzen.

An den Aktienmärkten wird registriert, daß erhebliche Ankäufe von Anteilscheinen von Unternehmen wie Siemens, Mannesmann oder der AEG im Auftrag nahöstlicher Auftraggeber vorgenommen wurden. Auch Aktien der großen Banken, wie Deutsche Bank und Dresdner Bank, sollen bei den Herren über Öldollars beliebt sein.

All dies ist möglich, weil die Bundesrepublik einen äußerst freien Kapitalverkehr hat Bisher gab es keine gesetzlichen Hinderungsgründe für derartige Transaktionen. Auch der Verkauf des Flick-Aktienpakets an den Iran, der dann vermutlich die Aktien der Kuwaitis dazuerworben hätte, scheiterte nicht an einem staatlichen Veto, sondern wurde durch das energische, nicht ganz uneigennützige Vorgehen der Deutschen Bank verhindert.

In Bonn werden nun die verschiedenen Modelle ventiliert, die den schon vielfach heraufbeschworenen „Ausverkauf der deutschen Industrie” verhindern sollen. Die Pläne reichen von einer Anzeigepflicht für Aktienverkäufe ab einer gewissen Grenze über eine staatliche Genehmigungspflicht oder eine Beschränkung des Stimmrechts der Aktionäre bis hin zur Ausgabe von Namensaktien oder einer Verpflichtung der Banken, bedenkliche Verkäufe an Ausländer zu unterlassen oder die zuständigen Stellen davon in Kenntnis zu setzen. Im Interesse einer möglichst weitgehenden Bewahrung des derzeit so liberalen Kapitalverkehrs wollen die Banken die freiheitlichste Lösung in Form einer freiwilligen Unterrichtung staatlicher und wirtschaftlicher Stellen erreichen.

Da sich die Dresdner Bank bei dem Verkauf des Daimler-Aktienpakets an Kuwait lange geziert hat, den Namen des Käufers zu nennen, bestehen auf Regierungsseite gewisse Vorbehalte. Vor allem Kanzler Schmidt will das Problem des Einstiegs ausländischer Kapitaleigner in deutsche Unternehmen fester in den Griff bekommen. Er verweist unter anderem auf sicherheitspolitische Bedenken, da einige renommierte Unternehmen auch in der Rüstungsindustrie maßgeblich tätig sind. Ferner weiß er genau, daß derartige Verkäufe Ohne jeden Einfluß der Regierung in der Bevölkerung den Eindruck des „Ausverkaufs der Bundesrepublik” erwecken und eine Krisenstimmung heraufbeschwören könnten.

Schließlich kann der Staat, aber auch die Wirtschaft nicht daran interessiert sein, daß die nahöstlichen Einkäufe ohne ihre Beteiligung erfolgen, da damit jede Kontrolle darüber veriorengeht, in welche Wirtschaftszweige das Geld fließt. Sosehr man im Interesse eines Rückstroms der Öldollars als Investition interessiert ist, so sollten sie nach Meinung der Bonner Politiker nicht gerade in jene Zweige fließen, die ohnedies florieren und in denen sie der Wirtschaft keine neuen Impulse geben. Der Verkauf der Daimler- Aktien freut zwar ihre früheren Eigner, bringt aber noch nicht unbedingt Geld in jene Bereiche, wo Kapitalspritzen dringend notwendig sind. Allerdings müssen die Verkäufer der Aktien (schon um steuerlich günstig wegzukommen) ihr Geld rasch wieder investieren.

Staat und Wirtschaft wünschen deshalb vor allem, daß Öldollars in neue Unternehmen investiert werden. Dies wird freilich nicht so leicht gelingen, solange die Ölförderer ihr Geld am liebsten nur dort anlegen, wo größte Sicherheit gegeben ist. Gerade im Zuge dieser Taktik bevorzugen sie die Bundesrepublik als relativ stabilste Wirtschaftsmacht Westeuropas. Auch kleine und mittlere Unternehmer in strukturschwachen Wirtschaftszweigen können den Trend der Herren über die Öldollars zu Größe und Sicherheit bestätigen: Ihre Offerte zum Verkauf ihrer Firmen finden im Nahen Osten keinen Widerhall.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung