6809841-1972_27_14.jpg
Digital In Arbeit

Geschichte von den Olympischen Spielen

Werbung
Werbung
Werbung

In kurzer Zeit werden im Circus i

Maximus 1972 in München die Arti- ' sten des Spitzensports aus aller Welt mit einer von unzähligen Sportmana- '. gern zusammen mit dem News Ma- '. nagment aufgezogenen Monstershow i beginnen: Mit den Olympischen 1

Spielen 1972. Diese Feststellung soll I weder diese Spiele noch die dort gezeigten Leistungen diskriminieren.

Damit wird lediglich eine Linie der i

Unterscheidung deutlicher gezogen, i die unlängst der ärztliche Betreuer einer legendären Profimannschaft f andeutete: Der Spitzensport von d heute hat insofern etwas mit Ge- c sundheit zu tun, als es eines Arztes I bedarf, um die Spitzensportler trotz s

Sportausübung gesund zu erhalten; c hier wird Sportmedizin zur Arbeits- a medizin. Für den Rest, und das sind z

Millionen Sportausübende in aller C

Welt, ist Sport neben Turnen, Gym- h nastik, Wandern und Bergsteigen Teil der modernen Leibeserziehung und damit notwendiger denn je zur Erhaltung der Gesundheit im Maschinenzeitalter. In dieser Hinsicht sind sich auch die Verfasser der hier besprochenen beiden Bücher ziemlich einig.

Rudolf Hagelstange stellt mit verbindenden Worten zusammen, was Goethe und Grass, Kant und Giraudoux und zwei Dutzend anderer Dichter, Philosophen und Intellektuelle zum Thema im weitesten Sinne zu sagen hatten: Erbauliches, Kritisches, Sarkastisches, Abwertendes. Und Ulfert Schröder, dessen Buch „Stars auf dem grünen Rasen" heißbegehrt ist unter den Jungen, schrieb selbst alles, was in seinem Buch „Ruhm und Medaillen" über Sport und Olympische Spiele, Wesen und Geschichte, auf 224 Seiten geschrieben werden kann. Er ruft nicht die Geistesheroen, sondern die Akteure des Sports in seinen Zeugenstand. Beide Bücher reflektieren nicht auf die Ereignisse in und rund um Sapporo 1972 und das ist gut so; vielleicht werden sie dadurch jene Menschen für den Sport und die Spiele interessieren, die nach Sapporo genug hatten von dem Ganzen oder für die derlei Exzesse menschlicher Unzulänglichkeiten nicht genug sind, um das zu sagen, was in unserer Zeit gesagt werden muß: ein Ja zum Sport, zum Breitensport im Maschinenzeitalter; besser: zur modernen Leibeserziehung, die mehr ist als Sport.

Um Irrtümern vorzubeugen: Der Profisportler, der sportsman ist, verdient für seine Arbeitsleistung und sein Können die gleiche Anerkennung wie die Artisten der Manege; es sind verwandte Berufe. Für unerfreuliche Ereignisse am Rande, für die Korrumpierung des Sports in den Zentren des Managements, für Brutalität der Kämpfer, für Bestechung und Bestechlichkeit, für den Mammonismus und dann vor allem: für den ungeheuren Abstand zwischen der Idee des Baron de Coubertin und der Wirklichkeit von heute, gilt, was beide Autoren andeuten: alles schon dagewesen. Die klassischen Vergleiche: mit dem Untergang der Olympischen Spiele in Griechenland, mit den „Spielen" im Zirkus der Römer ziehen hundertprozentig. Ja: das Ende war da, als die „Ehrenlogen" in Rom besetzt waren mit dekadenten Imperatoren, käuflichen Senatoren, schieberhaften Großverdienern und Huren aller Kategorien. Als man sich in Griechenland die Teilnahme an den Spielen erkaufen und den Sieg erschwindeln konnte, wie Alkibiades; als im Colosseum in Rom anstatt Gladiatoren und wilder Tiere die Christen massakriert wurden. Indessen wird in beiden Büchern noch unter Verschluß gehalten: Nach dieser Gigantomanie in Olympia und in Rom war es aus; mit einem Menschheitszeitalter, mit der Kultur der Antike, mit dem, was uns späten Nachfahren in Museen und Bibliotheken davon gezeigt wird.

Die Krise der Olympischen Spiele ist nicht ident mit der Krise des Sports, aber sie illustriert letztere Krise besser als alle anderen Ereignisse: Seitdem die Dreier-Devise der Olympischen Idee: altius — citius — fortius synchron geschaltet ist mit dem Generator des Industriesystems: investieren — produzieren — konsumieren. Und sonst: kein Sinn für das Dasein des Menschen. Denn dieses Leben ist für sinnlos erklärt; von den Philosophen, von den Ideologen, von den modernen Meinungsknetern. Leibeserziehung aber hat Sinn. Und zwar mehr als den Zweck der.besseren Konditionierung des modernen Menschen. To be a good sportsman, fair play, team work, to be a good looser — diese und viele andere goldene Regeln des Sports gehen nicht die letzten Dinge im menschlichen Dasein an. Aber: sie bringen den Menschen auf eine Laufbahn; in dieser Hinsicht beschäftigte sich der heilige Paulus mit dem Sport (er fehlt in der Autorensammlung).

FÜNF RINGE. Von Rudolf Hagelstange. Vom Ölzweig zur Goldmedaille. Bruckmann, München 1972,132 Seiten, Illustriert.

RUHM UND MEDAILLEN. Von Ulfert Schröder. Die Olympischen Spiele: Geschichte, Sportler, Regeln. Loewes-V erlag, Bayreuth 1972. 225 Seiten, illustriert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung