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Gespräch der „Söhne Abrahams"

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Es war nicht erst der gegenwärtige Friedensprozeß zwischen Israel und den Palästinensern, der eine Annäherung Israel-Vatikan zuwege brachte. Wohl dürfte das Gaza-Jericho-Abkommen - zwei Todfeinde konnten über ihren Schatten springen - beschleunigend auf die Beziehungen zwischen Rom und Jerusalem gewirkt haben.

Der Besuch des aschkenasischen Ober- . rabbiners in Jerusalem, Israel Meir Lau, am Dienstag dieser Woche beim Papst - wie dieser stammt Lau aus Polen - war ganz geistig-geistliches Ereignis mit politischen Konsequenzen, deren Tragweite erst langsam spürbar werden wird.

Obwohl Lau die Begegnung im Vatikan nicht politisch interpretiert wissen wollte, hatten doch alle Gesprächsthemen politische Implikationen. Die Verurteilung jeglichen Antisemitismus, die Absage an Versuche, Gott zur ideologischen Rechtfertigung für kriegerische Aktivitäten zu mißbrauchen, die

Bitte Laus an den Papst, bei der Suche nach sechs im Libanon verschleppten israelischen Soldaten zu vermitteln - all das geht zwar von einer bestimmten Überzeugung, einer humanistisch-religiösen Idee aus, muß aber konkrete Aktivitäten zur Folge haben.

Umgekehrt darf man gespannt sein, was für die (arabischen) Christen in Israel (Jerusalem, Bethlehem, Hebron) „herausgeschaut" hat. Viele von ihnen haben den Lebensmut im Heiligen Land längst verloren - und sind emigriert. Es war immer Anliegen Roms, die Christen in Israel zu stützen und zu ermutigen. Wie wird der israelische Staat auf diese erneut vorgebrachten Forderungen des Papstes reagieren?

Das konnte natürlich bei der jetzigen Begegnung nicht erörtert werden. Da standen sich Papst und Oberrabbiner ausschließlich als „religiöse Führer" gegenüber. Jetzt sind politische Gespräche erforderlich: zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Vatikan und Jerusalem und zur - religiös motivierten - gegenseitigen Hilfe als „Söhne Abrahams" überall auf der Welt.

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