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Gesucht Planet X

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Der Gasmantel, welcher die Erde schützend umgibt, verstellt uns die Sicht ins All. Die Astronomen siedeln deshalb ihre Fernrohre auf hohen Bergen an, oder schicken Instrumentenballons in den Himmel. Seit dem 25. Jänner aber umkreist über den Polen 14 Mal pro Tag ein Satellit die Erde, dessen „Sicht” in 900 Kilometer Höhe alle Erwartungen übertrifft: IRAS, der „Infrarot- astronomische-Satellit”, schickt so viele Daten über für uns un-

sichtbare kalte Himmelsobjekte, daß den am Programm mitarbeitenden Teams aus den USA, Großbritannien und den Niederlanden der Atem stockt.

Die technischen Fragezeichen waren vorm Start groß: Das Teleskop, welches Infrarotquellen von 10,20,60 und 100 Mikrometern auffindet, mußte mit einem Goldschirm gegen die Sonnenstrahlen geschützt und mit flüssigem Helium gekühlt werden. Damit trotz dieser Vorkehrungen alles glatt geht, mußte der Satellit im richtigen Winkel zur Sonne plaziert werden. Die Schutzhülle des hochempfindlichen Spiegels konnte erst auf der endgültigen Umlaufbahn abgesprengt werden.

Jetzt sind alle Sorgen der Bewunderung für ein technisches Meisterwerk gewichen — IRAS wird seinen Dienst nicht, wie geplant, nur sieben Monate, sondern neun erfüllen können, weil die Isolierung gegen die Sonnenwärme so gut ist, daß das flüssige Helium langsamer als angenommen verbraucht werden wird. Bis das Observatorium aufhört zu arbeiten, werden an die zweihunderttausend Infrarotquellen aufgezeichnet sein.

Die ersten Infrarotlandkarten der Magellanschen Wolke liegen bereits vor. Sie bestätigen, was die Theoretiker über die Geburt von Sternen sagen. IRAS sieht auf dem 100-Mikrometerband kalte Wolken, groß und diffus, die sich eben erst unter ihrer eigenen Gravitation zu verdichten beginnen. Bei kürzeren Wellenlängen macht IRAS Wolken aus, die sich in kleinere wärmere geteilt haben. Bei 10 Mikrometern scheint schließlich der Geburtsprozeß abgeschlossen zu sein — die Sterne beginnen wegen der entzündeten Kernreaktion in ihrem Inneren selber zu strahlen.

Selbst in unserer unmittelbaren Umgebung wartet noch einiges auf Klärung - irgend etwas rupft an den Umlaufbahnen von Uranus und Neptun. Die Suche nach dem Planeten X, dessen Entdek- kung seit Ende des 18. Jahrhunderts vorhergesagt ist, hat wieder frischen Schwung bekommen. Die Astronomen sind aber nicht einig, was das unbekannte Objekt, dessen Gravitation die Uranus- und Neptunbahn stört, ist und wo es sich in unserem Sonnensystem befindet.

Sollte es ein zehnter Planet sein — er müßte fünfmal massiver als die Erde sein und zöge seine stark elliptische Bahn Milliarden Kilometer jenseits von Pluto —, der unseren Erdobservatorien’ entgangen ist, IRAS müßte ihn sehen.

Sollte es aber eine Schwester der Sonne sein (die meisten Sterne existieren in Paaren), so müßte es ein „Brauner Zwerg” sein, ein Himmelskörper, der gerade noch nicht massiv genug ist, daß die Kettenreaktion in seinem Inneren in Gang kommt. Dieser „Zwerg”, der selber nicht leuchtet, müßte nahe der Sonne sein. Er würde in ihrem Strahlen zu wenig Licht reflektieren, um von der Erde aus gesehen zu werden. Vor dem Infrarotsatelliten könnte er sich jedoch nicht verstecken.

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