6999256-1987_19_16.jpg
Digital In Arbeit

Gewaltlos chancengleich

Werbung
Werbung
Werbung

Ich bin 1947 geboren, seit 22 Jahren verheiratet und führe gemeinsam mit meinem Mann einen größeren landwirtschafthchen Betrieb in Ebergassing in der Nähe von Wien. Wir bauen Getreide an, Rüben, Erbsen, Sonnenblumen und haben eine Schweinezucht. Ich bin Bauerntochter und habe eine abgeschlossene landwirtschaftliche Ausbildung. Wir haben drei Kinder im Alter von 20, 18 und 14 Jahren, die noch in die Schule gehen bzw. in Berufsausbildung stehen. Schon früh habe ich mich für politische Ereignisse interessiert und bin von der Gründung der Arbeitsgemeinschaft der Bäuerinnen an in dieser Institution tätig, seit 1983 Bezirks-Bäuerin und Kammerrat im Bezirk Schwe-chat. Dies war mir nur deshalb möglich, weil meine Eltern auf unserem Betrieb leben und immer mitgearbeitet haben. Meine Mutter legte sozusagen den Grundstein für meine Funktionen, indem sie mir einen Großteil der Kinderbetreuung abnahm.

Obwohl ich sehr viel in der Außenwirtschaft mitgearbeitet habe, konnten die Kinder immer das Gefühl haben, mich jederzeit erreichen zu können - ein entscheidender Vorteil einer Bäuerin.

Die Vertretung der Frauen, der Bäuerinnen war mir schon immer ein Anliegen, weil ich glaube, daß sich Frauen von ihresgleichen besser vertreten fühlen und auch mehr Vertrauen haben.

Als ich gefragt wurde, ob ich einer Nominierung zum National-

rat zustimmen würde, haben wir das in der FamiHe gemeinsam beraten, und meine Kinder meinten, daß ich die Chance ergreifen sollte. Mit dieser Entscheidung habe ich aber einen Großteil meines Privatlebens aufgegeben, und mir ist die Verantwortung bewußt, die ich damit übernommen habe. Es wird wenig Zeit für meine Hobbys - Lesen, Handarbeiten, Basteln und Blumen — geben.

Natürlich hat sich mein Leben grundlegend verändert. Ich kann über meinen Tagesablauf und meine Zeit nicht mehr frei verfügen. Erstmals bin ich auch mit dem politischen Gegner konfrontiert.

In unserer Landwirtschaft beraten mein Mann und ich täglich gemeinsam, was im Betrieb zu tun ist, leider werde ich manuell nicht mehr viel mitarbeiten können. Den Schriftverkehr des Betriebes werde ich aber nach wie vor allein erledigen. Derzeit fällt es mir schwer, die vielen neu hinzugekommenen schriftUchen Arbeiten zu erledigen. Auch den Haushalt werde ich umstellen und die Kinder mehr einbinden müssen. Ich werde lernen müssen, mich dort nicht so wichtig zu nehmen.

Wäre mein Mann Nationalrat geworden, wäre er sicher schwieriger zu ersetzen als ich. Als Bäuerin habe ich gelernt, Ausdauer zu haben, Verantwortung zu tragen, vorausschauend zu handeln, Niederlagen zu überwinden, mich auch über kleine Erfolge zu freuen - das wird mir jetzt zugute kommen.

Mit meiner künftigen Politik möchte ich dazu beitragen, daß die Meinungen politisch Andersdenkender respektiert werden, daß Stadt und Land einander besser verstehen. Meine langjährige Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft der Bäuerinnen hat mir diesen Weg sehr erleichtert. Neben der persönlichen und beruflichen Weiterbildung hat sie vor allem die Verbesserung des Ansehens und der sozialen Lage der Bäuerinnen zum Ziel. Viele Bäuerinnen sind heute selbstsicher, aktiv und kreativ, vielseitig interessiert und legen Wert auf ihre äußere Erscheinung.

Partnerschaft

Ich halte Bildung für eine wesentliche Voraussetzung für die Frau von heute. Mit der Ansicht, daß Mädchen nicht viel zu lernen brauchen, da sie ohnehin geheiratet werden, schadet man ihnen sehr. Ohne entsprechende Berufsausbildung begeben sich Frauen in Abhängigkeit, das wollen wir Frauen heute nicht mehr sein. Ich halte nichts von Quotenregelung und Emanzipation; ich lege Wert auf Partnerschaft und Chancengleichheit und glaube nicht, daß man sie mit Gewalt durchsetzen kann.

Auch die Männer müssen einen Lernprozeß in Sachen Partnerschaft durchmachen. Partnerschaftliches Verhalten erfordert von beiden Seiten Toleranz und Einfühlungsvermögen. Wir Mütter können viel zum partnerschaftlichen Verhalten der nächsten Generation beitragen, indem wir unsere Söhne und Töchter nicht mehr so rollenspezifisch erziehen.

Im Parlament werde ich von den männlichen Kollegen als gleichwertige Partnerin behandelt, bin aber auch ganz auf mich selbst gestellt. Auf Bezirksebene war es für mich nie schwierig, in von Männern dominierte Bereiche vorzudringen, ich weiß aber, daß es nicht immer so ist.

Ich bin überzeugt, daß eine Frau nicht gehindert wird, ihren Weg zu gehen, nur sollte sie sich nicht als Emanze und nicht gescheiter als die Männer fühlen, auch sollte sie nicht überempfindlich reagieren, denn Männer möchten nicht immer nur Kavaliere sein müssen. Ich glaube, wenn Mann und Frau sich ihres Wertes und ihrer gesellschaftlichen Stellung bewußt sind, werden sie erkennen, daß sie einander mit ihren Fähigkeiten nicht bekämpfen müssen, sondern daß sie einander wunderbar ergänzen können.

Die Autorin ist Bäuerin und seit kurzem OVP-Abgeordnete zum Nationalrat

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung