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Gewissen — was ist das ?

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In der katholischen Kirche Österreichs wird seit einiger Zeit die Rolle des Gewissens neu diskutiert. Die einen meinen, die Amtsträger, wie Papst und Bischöfe, vermögen den Willen Gottes genau zu erkennen; die Gläubigen hätten daher den Amtsträgern zu folgen. Eine Auffassung, die offenbar auch Papst Johannes Paul II. vertritt. Die Konzilsmehrheit konnte dem nicht folgen (siehe dazu den Beitrag von Günter Virt im FURCHE-Dossier 49/ 1988). Auch in Österreich dürften viele Gläubige der Ansicht sein, daß es für den Papst und die Bischöfe schwierig ist, den Willen Gottes fehlerfrei zu erkennen, und sind daher der Auffassung, die Amtsträger könnten keinen absoluten Gehorsam verlangen. Letzten Endes müsse jeder selbst nach einer eingehenden Prüfung seine Entscheidung (im Gewissen) treffen. Der Beitrag des Moraltheologen Andreas Laun führt meines Erachtens nicht weiter, wenn er meint, das Gewissen hätte dem Gebote Gottes zu folgen, aber „erst wenn entschieden ist, was das Gebot Gottes besagt“. Die Debatte geht doch gerade darum, ob jemand für sich in Anspruch nehmen kann, den Willen Gottes fehler- und zweifelsfrei zu erkennen.

Der Papst und die, die ihn dabei unterstützen, haben offenbar Angst vor einer „Unverbindlich-keit“ kirchlicher Lehren. Sie befürchten, daß viele den Schluß ziehen, es sei ohnedies gleichgültig, was man denkt und tut. Diese Schlußfolgerung wäre jedenfalls falsch. Die Kirche - einerseits die Amtsträger, andererseits die übrigen Gläubigen in ihren Aufgabenbereichen — sollen durchaus Leitlinien vertreten. Es geht nur darum, sie nicht als der Weisheit letzter Schluß darstellen und womöglich mit Gewalt durchsetzen zu wollen. Vielmehr sollte der

Vorbehalt — „nach bestem Wissen und Gewissen“ — gemacht werden und die Durchsetzung durch Uberzeugen geschehen. Jeder Gläubige soll die Leitlinien befolgen, außer er kommt nach gründlicher Prüfung zu einem anderen Ergebnis. Dr. Dipl.-Ing. Ulrich Schmotzer 1180 Wien, P.-Jordan-Str. 159

Als ein im Volk Gottes unterwegs Seiender schmerzt mich der Artikel von P. Andreas Laun im FURCHE-Dossier 49/1988 ob seiner polemisierenden Tendenz und Oberflächlichkeit. Es tut weh zu lesen, wie in fast spöttischer Manier die Paradies-Geschichte aus Genesis 3 umformuliert und als Polemik mißverwendet wird. Die allesamt plakativen und kernigen

Beispiele — von Kain und Abel über Apartheid, Bordell, Abtreibungsklinik, KZ-Aufseher bis zur Empfängnisregelung — in einem Atemzug zur Untermauerung der Argumentationslinie zu nennen, ist schlichtweg oberflächlich und als verbaler Untergriff zu bewerten. Von einem Moraltheologen und Bischof samtkandidaten würde ich eigentlich differenzierteres Denken erwarten.

Dipl.-Ing. Matthias Schmied 4802 Ebensee, Rindbachstr. 56

„Zeitgespräch“

Mit großer Verwunderung habe ich den Beitrag von Weihbischof Krätzl (FURCHE 48/1988) gelesen. Excellenz ist über die Bildung dreier Gruppen, welche die Treue zu Papst und Kirche als oberste Leitlinie ansehen, offensichtlich beunruhigt. Wie soll ich das verstehen? Ist dem Herrn Weihbischof dies kein Anliegen?

Wenn jemand glaubt, Kardinal König und Erzbischof Berg verteidigen zu müssen, dann ist es wohl genau so legitim, sich schützend vor unseren Erzbischof Kardinal Groer und Weihbischof Krenn zu stellen.

Und vielleicht ein Letztes: Es war sicher keiner aus diesen drei neuen Vereinigungen, die sich in so häßlicher, liebloser Weise zu den letzten Bischofsernennungen geäußert haben. Hier, Herr Weihbischof, habe ich schmerzlich vermißt, daß sie sich vor die offen und grob Angegriffenen gestellt hätten!

Andrea Kudera 3580 Horn, Am Mittersteig 7

Ich lese die Stellungnahmen von Weihbischof Dr. Helmut Krätzl zu aktuellen Fragen immer mit großem Interesse. Aus ihnen spricht ein mutiger und weiser Mann der Kirche. Es wäre zu wünschen, daß auch höheren-orts Bischöfe mit einem solchen Verantwortungsbewußtsein entsprechend positiv eingeschätzt würden.

Kurt Hofmann 3812 Großsiegharts, Hamerlingstr. 28

Kluft wird tiefer

Was wollen diese angeblich so sehr um die Kirche besorgten Neugründungen „Treue zur Kirche“, „Pro occidente“, „Linzer Priesterkreis“? Letzterer gibt an, die Aussagen des Zweiten Vaticanums, die Neuevangelisierung — alles Anliegen des Papstes und jedes aktiven Katholiken - verwirklichen und „kein Element der Polarisierung“ sein zu wollen. Tatsächlich scheint es aber, daß die bereits bestehende Kluft in der Kirche durch solche Kreise, die jeden Dialog mit Menschen anderer Meinung ablehnen und jede, auch die leiseste Kritik an der Kirche und an kirchlichen Persönlichkeiten (auch ich lehne lieblose Kritik ab) verteufeln, noch vertiefen.

Wenn man 36 Jahre hauptberuflich im Dienst der Kirche als Pastoralassistentin tätig war, liebt man die Kirche und nimmt an allem, was in ihr vorgeht, Anteil. So berühren einen die derzeit in der Kirche geführten Auseinandersetzungen und Angriffe, die meist den Geist christlicher Liebe vermissen lassen, schmerzlich.

Maria Pichler 1180 Wien, Michaelerstr. 26/5

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