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Gewitter um Wahlen

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Ein politisches Spätsommergewitter entlädt sich derzeit über Niederösterreich. Zumindest wirkte die Ankündigung von SPÖ-Landesparteiob-mann Leopold Grünzweig, in seiner Partei überlegte man einen Mißtrauensantrag gegen Landeshauptmann Siegfried Ludwig, wie ein Blitz aus tieiterem Himmel. Und die möglichen Konsequenzen drohen wie Donnergrollen: Neuwahlen zur Halbzeit der Legislaturperiode.

Über die Möglichkeit eines Mißtrauensantrags hatte Leopold Grünzweig in einem Sommergespräch mit den „Niederösterreichischen Nachrichten" geplaudert. Der 22. Oktober - an diesem Tag wird im Landtag über den Rechnungshofbericht zur Geschäftsgebarung der Landes-Hy-pobank debattiert - werde „eine nicht unwesentliche Rolle in der Landespolitik dieses Herbstes spielen", hatte Grünzweig erklärt. Und er ließ sich dann bereitwillig über die Schulter in den Manöver-Sandkasten seiner Partei blicken: Es gäbe Stimmen im SP-Landtagsklub, die Siegfried Ludwig als ehemaligem Regierungskommissär der Hypobank das Mißtrauen aussprechen wollen.

Grund: Er habe als Vertreter der Landes-Aufsichtsbehörde jene Spekulationsgeschäfte des früheren Bankmanagements nicht verhindert, die dem Institut Verluste in Höhe mehrere hundert Millionen eingespielt haben.

Zum Mißtrauensantrag sehen sich die „Falken" im SP-Landtagsklub deshalb gedrängt, weil der Rechnungshof als oberste^ Kontrollorgan Siegfried Ludwig von Schuld freigesprochen hat. Voll belastet hingegen werden die Geschäftsführungsorgane: Direktoren (zwei „schwarze" und ein „roter") und die Kuratoren (davon drei „rote").

Sollten sich die „roten" Falken am 22. Oktober durchsetzen, wird die ÖVP-Fraktion selbstverständlich den Mißtrauensantrag ablehnen. Dann aber erwägen die SP-Falken den Aus- • zug aus dem Landtag. Das würde über kurz oder lang Neuwahlen bedingen.

Nun, sowohl Ludwig als regierender Landeshauptmann wie auch Herausforderer Grünzweig sind in ihre Positionen aufgerückt, nicht von den Landesbürgern gewählt worden. Ludwig löste im Jänner Andreas Maurer ab, der bei seinem letzten Wahlkampf zwei VP-Mandate an die SPÖ verio-ren hatte. Und Grünzweig folgte als Parteichef im Oktober 1980 dem verstorbenen Hans Czettel.

Aus diesem Blickwinkel wären vorverlegte Wahlen - der Urnengang fände 1984 statt - nicht von der Hand zu weisen. Allein: Der ÖAAB-ler Ludwig müßte bei Wahlen einen bedeutenden Erfolg vorweisen können, um die Opposition des mit Maurer von der Parteispitze verdrängten Bauernbundes in der Landes-VP zum Schweigen bringen zu können.

Auch Leopold Grünzweig muß die Zeit bis 1984 nutzen. Er muß sich - innerparteilich bislang immer im Schatten Hans Czettels - vor den eigenen Genossen als „Arbeiterführer" profilieren. Und im Bundesland gilt es für ihn einen beträchtlichen Ludwig-Vorsprung aufzuholen.

Ganz gelegen käme eine Wahlvorverlegung also nicht. Daher Ludwigs Reaktion: „Wir haben den Wählerauftrag bis 1984. Man soll die Zeit zum Arbeiten nützen." Und Grünzweig: „Ich persönlich bin derzeit gegen eine Vorveriegung. Die Wähler hätten kein Verständnis dafür."

Nun sollen aber angeblich ÖVP und SPÖ hervorragende Umfrageergebnisse besitzen. SP-Landesparteise-kretär Strache spricht überall davon, daß Grünzweig eben Ludwig überrunde. Doch VP-Parteisekretär Zimper -„Ich kann Wahlen ruhigen Gewissens empfehlen" - vermutet dahinter nur Taktik des SP-Stratcgen. Grünzweig, der sich am 3. Oktober einem Wahlparteitag stellen muß, soll den eigenen Genossen gegenüber als der „Starke" ausgewiesen werden. Überdies sehe die Landesverfassung gar nicht das Instrument des „Mißtrauensantrags" vor...

Vermutlich haben Ludwigs „Freispruch" durch den Rechnungshof und sein Blitzstart im Frühjahr die politische Atmosphäre zum Knistern gebracht. Wenn sich das Gewitter entladen hat, wird's wieder sachlicher in Niederösterreich. Es sei denn - „Falken" in beiden Lagern finden Gefallen am Donnern.

Fürs Land und seine Wirtschafts-sorgen wäre das aber kein Vorteil.

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