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Glaube erfahren

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Glaube kann sich wandeln. Eugen Biser meint heute drei Tendenzen solchen Wandels feststellen zu können:

• Vom Wissens- zum Erfahrungsglauben

• Vom Satz- zum Vertrauensglauben

• Vom Gehorsams- zum Verstehensglauben.

Die Wende vom Wissens-zum Erfahrungsglauben hat viele Ursachen. Das Glaubenswissen erscheint vielen als bloße Theorie ohne Bezug zur Wirklichkeit; Glaubenssätze werden als Leerformeln erlebt. Solch intellek-tualisierter Glaube bewegt nicht die Herzen. Auch Bemühungen, den Glauben durch Unterricht, durch Wissensvermittlung, weiterzugeben, stoßen an Grenzen.

Außerdem hat der heutige Mensch, der vielfach in einer Sekundärwelt lebt und den unmittelbaren Zugang zur Wirklichkeit verloren hat, einen Hunger nach Realität. Deswegen muß auch Glaube ganzheitlich gesehen werden, Glaube braucht Erfahrung. Was heißt dies konkret?

Der Mensch muß Erfahrungen machen, die ihn etwas von den religiösen Wirklichkeiten erahnen lassen und die jene elementaren Fragen entstehen lassen, auf die der Glaube Antwort sein möchte.

Wie dies konkret geschehen kann, zeigt Romano Guardini am Beispiel der nächtlichen Sternbilder: „Vor jenen leuchtenden Bildern kann dem empfänglichen Menschen etwas entgegentreten, das in... Begriffe nicht eingeht. In dem Schweigen und der Weite kann sich etwas erheben, das anders ist als alles von den Dingen her Sagbare, das macht den Erfahrenden still...“

Und wo der Mensch sich so ganzheitlich der Wirklichkeit stellt, dort brechen auch die elementaren Fragen auf: „Warum geschieht mir, was mir geschieht? Warum bin ich, wie ich bin? Warum bin ich überhaupt?“

Wo solche und ähnliche Erfahrungen gemacht werden, dort kann das Wort Gottes Echo und Resonanz finden, dort können die Bilder und Zeichen, die uns Gott nahe bringen sollen, zu sprechen beginnen; dort kann Glaube entstehen.

Glaube überschreitet auch insofern das Wissen, als er nicht nur Erkenntnis, sondern auch die Bejahung Gottes in sich schließt. „Wer Gott bejahen und darin zur Fühlung seiner Wirklichkeit gelangen will, muß sich ihm somit in der Totalität seines Geistes, also auch als Gestaltender und Liebender zuwenden, weil dem Willen zur vollen Gotteserkenntnis das Verlangen nach .Gottgleichheit“ eingestiftet ist: Gott wirklich erkennen, das heißt seinen Geist, seinen Willen, seine Liebe in sich tragen“ (Eugen Biser).

17. Teil einer Serie zum Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser.

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