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Befreite Menschen? Befreiende Menschen?

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Vor einigen Wochen haben wir Ostern gefeiert, das Fest unserer Erlösung: Gott hat seinen Sohn von den Toten auferweckt, damit auch wir neues Leben erwarten dürfen - so die christliche Verkündigung. In der Bibel steht es noch konkreter: Ostern ist der neue Exodus, es ist das endgültige befreiende Handeln Gottes. So wie Gott einst Israel aus der Sklaverei Ägyptens, so hat Gott die Menschen zu Ostern aus der Sklaverei der Sünde befreit und hineingestellt in die Kindschaft Gottes. Was der Exodus für die jüdische Tradition bedeutet, das ist Tod und

Auferstehung Jesu für die christliche: Zu Ostern stiftet Gott Heil. Erlösung, Befreiung, und zwar als Grundlage für ein neues Leben, auch für eine neue Art zu leben.

Alle Jahre wieder feiern wir Ostern, seit fast 2000 Jahren - und?

Wenn ich durch die Straßen gehe, auch wenn ich in unsere Kirchen schaue - ablesen kann ich das Selbstbewußtsein von geheilter und erlöster Existenz nur selten. Wenn ich unsere Handlungsmuster in Kirche und Welt analysiere - wo sind da das Vertrauen, die Zuversicht, die Freude darüber zu spüren, daß Gott

sich uns als einer zeigt, der uns von den dunklen Lasten, auch von den Altlasten unseres Lebens befreit?

Bewußtsein von Befreiung heißt Überwindung von Angst, heißt Aufbruch zu neuen Versuchen, Welt und Kirche als Gemeinschaft erlebbar zu machen, heißt Wagnis der Phantasie für das, was noch nicht da war, vielleicht aber eher den Vorstellungen Gottes von Geschwisterlichkeit entspricht. Ein (durch Gott) befreiter Mensch ist ein neuer Mensch - um diese Erfahrung weiß bereits die christliche Bibel. Friedrich Nietzsches Kritik am

Christentum baut auf dem Vorwurf mangelnder Überzeugungskraft auf: Erlöster müßten mir die Christen aussehen. Schon Paulus hat gepredigt: Mit dem Bewußtsein von Tod und Auferstehung Jesu steht und fällt unser christlicher Glaube ...

Die erste Frage betrifft also unser Selbstverständnis: Begreife ich mich als erlöster und befreiter Mensch? Wenn doch trotz allem: ja, dann heißt die zweite Frage: Wie gehe ich damit um? Das sind keine Quiz-, sondern Lebensfragen. Sie entscheiden unser Leben, und sie beeinflussen insgesamt jenes der Welt.

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