Dekadente Pastoral

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Über Priestermangel und das Unverständnis für die Bedürfnisse der Menschen.

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Über Priestermangel und das Unverständnis für die Bedürfnisse der Menschen.

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„Werdet ihr zurückkommen?“ So lautete eine bange Frage während der Corona-Pandemie. Aus guten Gründen war zu befürchten, dass viele Christ(inn)en nach Abklingen der Pandemie die Gottesdienste nicht mehr besuchen würden, weil sie gut oder gar besser ohne leben könnten. Beim Osterfest 2022 erlebte ich dann eine Überraschung: Etwa 80 Menschen fanden sich in unserer Gemeinde frühmorgens um sechs Uhr beim Osterfeuer ein. Diese Tradition spricht offensichtlich noch Menschen an. Mir liegt sie auch am Herzen: die Stunde der Frauen, die in aller Frühe zum Grab aufbrachen.

In diesem Jahr folgte die Enttäuschung. Nicht dass die Menschen kein Interesse mehr hätten. Die frühmorgendliche Osterfeier mit Feuersegen, Exsultet und den österlichen Lesungen fiel einfach aus. Im Brief unserer sehr großen Pfarreiengemeinschaft suchte ich nach einer Erklärung sowie nach einer Alternative. Und fand – nichts. Das Pastoralteam sah keinen Bedarf für eine Erklärung. Eine Alternative in einer der acht anderen Gemeinden wurde auch nicht genannt. Ersatzlose Streichung, ohne dass der Grund kommuniziert würde.

Hier zeigt sich die Dekadenz einer Pastoral, die zu wenig von den Bedürfnissen, Erwartungen und Hoffnungen der Menschen her denkt, für die sie da sein sollte. Es herrscht Priestermangel. Na und? Eine Gemeindereferentin oder ein Diakon könnten die Feier am Osterfeuer samt Wortgottesdienst leiten. Aber ich höre schon den Aufschrei: Was, ohne Eucharistie? Manche Kleriker und Co-Kleriker sehen ihre Felle davonschwimmen. Das geht natürlich gar nicht.

Für mich ging die Sache gut aus. Als Insiderin fand ich Asyl im Frauenkloster ganz in unserer Nähe und hatte einen wunderschönen Ostermorgen. Und nächstes Jahr überlege ich mir vielleicht eine ganz andere Alternative.

Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg.

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