Du schöne Freudenkrone

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Ines Charlotte Knoll über den Advent, die Hoffnung und eine wundersame Trotzzukunft.

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Ines Charlotte Knoll über den Advent, die Hoffnung und eine wundersame Trotzzukunft.

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„Komm, du schöne Freudenkrone, bleib nicht lange! Deiner wart ich mit Verlangen.“ So will ich denken und singen und sagen, vorausjubeln und hineinjauchzen in diese katastrophenbereite, Einsamkeits-zerrissene Zeit, einem schlechthinnigen Seinswunder entgegen in einem Neubeginn: in der ewiggültigen Glaubhaftmachung alles Menschlichen. „Damit ein Anfang sei, wurde der Mensch geschaffen, vor dem es niemand gab“, hatte Augustinus ausgesprochen über der Schöpfung des Menschen. Dass wieder Advent ist, dass Hoffnung ist und eine Zukunft, eine wundersame Trotzzukunft, dass etwas zu erwarten ist, von mir, von Dir, immer, das feiern Christ(inn)en, der schönen Freudenkrone entgegen. Und in dem, was hier zu feiern ist, dürfen wir uns selbst endlich vergessen: „Das Selbst hörte auf, und die Welt begann./ Sie waren von gleicher Größe, / einander angemessen, / das eine spiegelte das andere“, dichtete Luise Glück über dem dunklen Daseinsrätsel. Ja, aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes. Unser Gott kommt und schweiget nicht. Wunderbarste Worterwartung! Jedwedem Vorlaufen zum Tode kommt der Advent zuvor mit seinem Zurücklaufen in die Herkunft des Sinns, in das Wunder des Neubeginns in dem Menschen aus Gott, geboren vor aller Zeit, mit seinem hinreichenden Licht, um unser Menschsein zu versichtbaren. Und das Wort wird Existenz werden und du und ich. Und wir werden seine Herrlichkeit sehen, wenn das Selbst aufhört und die Welt beginnt, und wir und alles Leben einander angemessen werden. Und keiner mehr vom Menschen sagen muss, er sei „das größte Eigentor der Natur“ (Roman Bucheli). „Wie herrlich ist es, dass niemand eine Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt langsam zu ändern!“ sagt einmal Anne Frank. Mit allem Seinsmut bitte ich also adventlich: „Komm, du schöne Freudenkrone.“

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i.R.

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