Es muss sich alles ändern

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Obwohl dem Menschen alles gegeben ist, stellt er neue Ansprüche. Eine Glaubensfrage.

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Obwohl dem Menschen alles gegeben ist, stellt er neue Ansprüche. Eine Glaubensfrage.

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"Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade“, schreibt Johannes in seinem Prolog. Es ist eindeutig: Wir haben das Alphabet und die Sprachlehre von der Erde. Alles ist uns ja eingeschrieben als unser geheimes Wissen von uns und unserem Leben. Wir wüssten genau, wie Leben geht, doch wir haben neue Sakramente erfunden und die entsprechenden Ikonen, sich selbst repräsentierend und Gegensinn als Sinn an uns verteilend. Die Propagandamaschine funktioniert wie eh und je. Im Takt der Liturgien einer angesagten Zeitstruktur klicken und ticken wir falsch. Dass die Geschichte sich wiederholt, irritiert uns in einer alle Generationen verstörenden Gewissheit.

„Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ Ein Nienoch-Glück könnte aufsteigen, hinein in unsere Zeit und ihre Höllen; denn das Lichtwunder eines Menschenlebens bekundet mit Haut und Haar und Blick und Schritt die ewigtiefe Sehnsucht Gottes nach der Weltwirksamkeit des Lichtsinns. Wenn alle wollen, drehen die Panzer wieder um. Findet die Kugel einen Weg zurück in die Fabrik, in der die Herstellungskonzepte neu überarbeitet werden unter der Rücksprache mit der zwanzigjährigen Greta Thunberg, nach dem Motto eines schon alten beliebten Zitates: „Alles muss sich ändern, und zwar heute.“

Ähnlich unterwegs in ihrem Schaffen und Leben war die am 10. Jänner 1923 in Berlin geborene Schriftstellerin Ingeborg Drewitz: „Engagiert schreiben war kein Programm, sondern Notwendigkeit“, schrieb sie, die Zeit des Nationalsozialismus aufarbeitend. Die Menschen, mit denen sie lebte, „der Ort, die Jahrzehnte haben mich Erfahrungsschüben ausgesetzt“. Sie hätten ihr „Ideologien ebenso fragwürdig gemacht wie Dogmen“. Das ist auch eine ganz eigene Fülle der Gottheit! Von dieser Fülle können wir desgleichen nehmen Gnade um Gnade.

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i. R.

Dieser Text erschien unter dem Titel "Von seiner Fülle ... " in der FURCHE Nr.2 vom am 12.1.2023

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