Zaun - © Foto: Pixabay

Europa bleibt nicht christlich, indem es immer mehr Festungen installiert

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Gegenwärtige Debatten über Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland lassen nichts Gutes erahnen.

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Gegenwärtige Debatten über Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland lassen nichts Gutes erahnen.

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In aktuellen politischen Konflikten zeigt sich die menschliche Vulnerabilität besonders machtvoll als treibende Kraft. Denn der Rechtspopulismus verfolgt eine geschickte Strategie. Er schürt das Gefühl, dass man selbst, das eigene Land, die eigene Heimat, die eigene Religion in besonderem Maß verwundbar seien und daher mit allen Mitteln geschützt und verteidigt werden müssten. Mit allen Mittel bedeutet: auch mit der Anwendung von Gewalt. Vulnerabilität dient der Begründung für Vulneranz. Dabei reicht es völlig aus, in Menschen das Gefühl zu schüren, besonders verwundbar zu sein, auch wenn dies einer Überprüfung nicht standhält. Rechtspopulismus verhindert, dass die extrem hohe Vulnerabilität von Menschen auf der Flucht vor politischer Verfolgung, vor Folter und Krieg politisches Gewicht erlangt. Sie wird kleingeredet und verdrängt.

Verständlicherweise ist die eigene Vulnerabilität im wahrsten Sinn des Wortes naheliegender. Sie drängt sich schneller auf, weil sie stärker zu spüren ist. Das führt jedoch zu Ungerechtigkeiten, die das humane Zusammenleben einer Gesellschaft und das freundschaftliche Verhältnis von Nachbarstaaten untergraben. Gegenwärtige Debatten über Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland lassen hier nichts Gutes erahnen.#

Festung Europa?

Das Christentum steuert dem Rechtspopulismus mit einer Strategie entgegen, die jeder Mensch und jede Politik alltäglich praktizieren kann. Schau bei anderen Menschen, Staaten, Religionen auf deren Vulnerabilität und gib ihr besonderes Gewicht. Und schau bei dir selbst auf das Vulneranzpotenzial, das das eigene Handeln freisetzt. Europa bleibt nicht christlich, indem es immer mehr Festungen installiert, sondern indem es beherzt diese Strategie praktiziert. Auch und vor allem an den Landesgrenzen.

Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg.

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