Frieden finden

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STERBEN FÜR NICHTS, schreien die Augen unter Tränen in die Welt.

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STERBEN FÜR NICHTS, schreien die Augen unter Tränen in die Welt.

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Nicht nur Menschen sterben: „Welten hören auf … Und jedesmal, und denk ich dein, möchte ich über dieses Ende schrein“, rief der am 1. April vor fünf Jahren verstorbene Dichter Jewgeni Jewtuschenko. Das hätte doch als Warnung genügen können für alles Weltsterben …

Meine Augen sehen aber immer nur das Gesicht des weinenden Soldaten, es geistert, von der Leidwalze ins Bild gerollt, durch das Internet und ist so wahr wie alles Leben in seiner Todesnot auf dieser Erde. STERBEN FÜR NICHTS, schreien die Augen unter Tränen in die Welt. „Das Antlitz der Zeit ist zernichtet“, schrieb Josef Roth.

Frieden finden. Das wäre schön. Um die Ecke sehen und da stünde er hell, lächelnd, aber wirklich. Nicht gesmilt. Lächelnd aus der Tiefe. Aus dem Enden-Wollen von erfahrenem Unglück und aller Verzweiflung. Und sagen würde dieses neue, ersehnte Wesen: Wir haben es geschafft - im Gedankenumdrehen wie sonst mit der bloßen Hand. Haben nichts bewegt. Den Befehl nicht in den Kopf, den Kopf nicht zur Waffe, den Finger nicht zum Abzug. Aber lichtschlau einen Wunsch gedacht. Wir wollen nicht sterben für nichts. Wir wollen nicht töten für nichts.

Frieden finden. Das wäre schön. Um die Ecke sehen und da stünde er hell, wie der klare Gedanke Gottes in seinem einen Menschenleben, das über die Erde ging wie die vielen ohne jede Hoffnung, ins Versinken. „Seit Gott die Gestalt unserer Leiden angenommen hat“, so Fulbert Steffensky, „sind sie mehr als eine nackte und brutale Tatsache. Sie haben eine endgültige Bedeutung, denn sie sind die Verletzungen Gottes.“ Sie machen, dass alles ewiggültig wird. Unter Tränen setzte ich mich nieder vor diesem Geheimnis, der Immerliebe für diese leidende Erde, dass wir noch wirkwahr werden im Vertrauen: „Auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i.R.

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