Fußball-WM und Islam

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Über die Einstellung zu Homosexualität in der islamischen Welt.

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Über die Einstellung zu Homosexualität in der islamischen Welt.

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Bei der aktuellen WM rückten zahlreiche Themen jenseits von Sport und Fußball ins Zentrum vieler Debatten. Menschenrechte in Katar, Unterstützung Katars für Hamas und für den politischen Islam, Verbot von Alkohol in öffentlichen Räumen und anschließend die Debatte um den Umgang mit dem Thema Homosexualität. Gerade Letzteres macht deutlich, wie weit Werthaltungen in Bezug auf die Anerkennung von Vielfalt in der Gesellschaft auseinandergehen können. Dabei verläuft die Trennlinie sicher nicht allein zwischen der islamischen und der nicht-islamischen Welt. Es handelt sich einfach um verschiedene Wertvorstellungen, unabhängig von Religionen und Nationen. Dennoch muss man selbstkritisch zugeben, dass gerade islamisch geprägte Gesellschaften ein großes Problem mit der Anerkennung von – politischer, gesellschaftlicher oder sexueller – Vielfalt haben. Dahinter steckt die Herausforderung, möglichst viel Raum für geistige Vielfalt zu öffnen.

Die Anerkennung von sexueller Vielfalt etwa ist nicht nur eine Frage der Praxis, sondern und vor allem eine der geistigen Unterfütterung. Gibt es im Islam eine religiöse Begründung unterschiedlicher Formen von Vielfalt? Meine klare Antwort: Ja! Allerdings kommt es auf die jeweilige Auslegung an. Gerade die koranische Schöpfungserzählung von Adam gilt als richtungsweisend für diese Frage. Der Engel, der den göttlichen Befehl ablehnte, sich vor Adam niederzuwerfen, begründete dies damit, dass Adam aus einem anderen Stoff erschaffen sei als er selbst. Er hat also abgelehnt, den anderen in seiner Andersheit anzuerkennen. Wegen dieser intoleranten Haltung ist aus ihm der Erzteufel geworden. Die koranische Botschaft ist hier klar: Durch die Ablehnung seines Mitmenschen, egal aus welchem Grund, versinkt der Mensch in tiefe Abgründe. Es bleibt zu hoffen, dass die aktuellen Debatten zu innerislamischen Reflexionen führen werden.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

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