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Glaube und politisches Engagement

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Die Pastoraltagung vor der Jahreswende hat sich mit „Kirche in der Welt" befaßt. Dabei beklagte ein katholischer Politiker, daß immer seltener in der Kirche engagierte Laien in die Politik gingen. Andererseits haben die pointierten Aussagen des neuen Caritaspräsidenten zur Sozialpolitik manche fragen lassen: „Sind so konkrete Forderungen noch Sache der Kirche?"

Das Konzilsdokument „Kirche in der Welt von heute" hat dem Christen unmißverständlich seine Weltverantwortung klar gemacht: „Ein Christ, der seine irdischen Pflichten vernachlässigt, versäumt damit seine Pflichten gegenüber dem Nächsten, ja gegen Gott selbst un*d bringt sein ewiges Heil in Gefahr." Zum politischen Engagement der Christen sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Das Engagement des Christen für die Welt, je nach Begabung auch die politische Verantwortung, ist kein Hobby, sondern Verpflichtung aus dem Glauben. Das Konzil nennt die „Spaltung bei vielen zwischen dem Glauben, den man bekennt, und dem täglichen Leben" ein Ärgernis und eine schwere Verirrung.

2. Die christliche Botschaft gibt kein „Bezept" zur Lösung politischer Fragen. Daher können auch Christen „bei gleicher Gewissenhaftigkeit in der gleichen Frage zu einem anderen Urteil kommen". Das nötigt oft zu ernsten innerkirchlichen Auseinandersetzungen, zeigt aber auch, daß man „Kirche" nicht nur für eine Position vereinnahmen darf.

3. Die christliche Botschaft macht deutlich, daß der erste Einsatz den Schwachen, Armen, den von der Gesellschaft aus welchem Grund immer Deplazierten zu gelten hat. Kirche muß Anwalt für jene sein, die sonst keinen Schutz erfahren, weil sie der Gesellschaft „zur Last" und als Wählerpotential nicht ins Gewicht fallen. Wer solchen Einsatz als für Christen nicht notwendig, vielleicht sogar als „gesellschaftsgefähr-dend" ansieht, hat die radikale Forderung Jesu nicht verstanden.

4. „Kirche" engagiert sich nicht nur, wenn Bischöfe reden, sondern auch, wenn kirchliche Gruppierungen und „kompetente" Laien aktiv werden. Kirche (nicht einzelne Christen) soll sich aus der Parteipolitik heraushalten. Das gesellschaftspolitische Engagement aber ist sie dem Gemeinwohl schuldig.

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