Immer wieder sorgt der Kopftuch- bzw. Verhüllungszwang in Ländern wie dem Iran oder Saudi-Arabien für Frustration vor allem unter jungen Frauen, die das Gefühl haben, man raubt Ihnen durch solche Zwänge ihr Recht, selbst zu entscheiden was und wie sie sich anziehen wollen. Gerade im Iran kam und kommt es in letzter Zeit immer wieder zu Protestaktionen junger Frauen, die diese Restriktionen ablehnen. Denn gerade solche Zwänge treiben junge Frauen dazu, ihr Kopftuch erst Recht ablegen zu wollen und zwar als Zeichen des Protests.
Auf der anderen Seite beobachten wir, wie die Rede von einem Kopftuchverbot in manchen europäischen Ländern dazu führt, dass das Tragen des Kopftuchs gerade für junge Frauen erst Recht interessant wird und zwar nicht selten als Zeichen des Protests. Dazu kommt bei Muslimen das Gefühl, sie würden durch solche Verbote benachteiligt, weil es sich um eine religiöse Minderheit handelt, die auch noch von manchen als Fremdkörper in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Durch Zwänge bewirkt man offensichtlich das Gegenteil von dem, was man eigentlich erreichen will.
Wofür aber eine Gesellschaft stehen muss, ist das Selbstbestimmungsrecht von Menschen. Beim Kopftuch ist es eine innerislamische Aufgabe, daran zu arbeiten, Musliminnen und Muslime über dieses Recht aufzuklären. Jede Frau, die ein Kopftuch trägt, muss für sich klären, warum sie dies tut und ob es sich um ihre eigene Entscheidung handelt oder nicht und zwar jenseits von autoritären Argumenten wie: „Weil Gott dies so befiehlt“, oder „weil es so in meiner Religion steht“. Sexistische Argumente, die in Frauen lediglich Objekte der Begierde sehen wollen, dürfen ebenfalls nicht gelten, wie „um meine Reize vor den Männern zu verstecken“. Wenn es um das Selbstbestimmungsrecht der Frau geht, müsste die Antwort mit ihr selbst als selbstbestimmtes Subjekt zu tun haben.
Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster
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