Kyrill I.: Der Hohepriester Putins

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Beim versuchten Machtaufstieg von Kyrill I. sollte sich Papst Franziskus nicht zum Steigbügelhalter machen - auch nicht durch wohlgemeinte Appeasement-Politik.

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Beim versuchten Machtaufstieg von Kyrill I. sollte sich Papst Franziskus nicht zum Steigbügelhalter machen - auch nicht durch wohlgemeinte Appeasement-Politik.

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Mit Metaphern hat sich Papst Franziskus schon mehrfach vergriffen; so als er Frauen als „Erdbeeren auf der Torte“ bezeichnete und das für eine tolle Idee hielt. Angesichts des russischen Angriffskriegs erlangen schräge Metaphern neues Gewicht. Kürzlich sprach der Papst vom „Gebell“ der NATO an der Haustür Putins, das diesen vielleicht zu seiner Aggression bewegte. So ging die fälschliche Behauptung des Diktators auf, dass eine erhöhte Vulnerabilität Russlands sein brutales Vorgehen gegen die Ukraine rechtfertige.

Endlich kritisierte Papst Franziskus auch Patriarch Kyrill I. Aber wie? Der Patriarch müsse aufpassen, dass er nicht zum „Messdiener“ Putins werde. Das düpiert den Kirchenführer. Aber es verharmlost die Rolle, die der ­superreiche, homophobe Patriarch spielt. In einem Krieg, in dem der Angreifer mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, sind Verharmlosungen gefährlich. Kyrill I. ist nicht der Messdiener, sondern der Hohepriester Putins. Sein utopischer Rückgriff auf nie dagewesene Zeiten sakralisiert den Angriffskrieg und verleiht ihm damit ein stabiles Rückgrat. Denn dieser Krieg ist nur zu führen, wenn eine Mehrheit des russischen Volkes davon überzeugt wird, dass es ein heiliger Krieg sei. Menschen sind zu Opfern aller Art bereit, wenn es um etwas geht, das ihnen heilig ist. Solche Opfer stammen aus eigenen, aber auch aus den Ressourcen anderer Menschen. Das bezahlen Ukrainerinnen und Ukrainer mit dem Leben.

Kyrill hingegen erhofft sich einen Machtzuwachs, wenn erst einmal die ukrainische Orthodoxie seiner Herrschaft unterworfen ist und weitere Okkupationen folgen können. Er ist nicht der Hohepriester Gottes, sondern Putins. Bei dessen versuchtem Machtaufstieg sollte sich ein Papst nicht zum Steigbügelhalter machen, auch nicht durch wohlgemeinte Appeasement-Politik.

Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg.

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