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Leben in einer brutalen Welt

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Der Papa haut die Mama. Der Papa, der schreit immer so laut, da kann ich nicht schlafen. Der haut uns auch, auch die Mama. Die Mama weint dann. Jetzt bleiben wir im Frauenhaus, damit wir schlafen können." Diese Zeilen hat Daniela, fünf Jahre, geschrieben. Veröffentlicht wurden sie jetzt in dem Kinderbuch „Weil der Papa die Mama haut."

In dem Buch erzählen Kinder aus Frauenhäusern ihre Erlebnisse. Von dem Vater, der sie und die Mama immer schlägt, von der Flucht ins Frauenhaus, von Freundschaften, die sie im Frauenhaus geschlossen haben, von den ambivalenten Gefühlen dem Vater gegenüber, von der Angst und ihrer Erleichterung über das Ende der Gewalt. Anita, die mit ihrer Mutter und den vier Geschwistern in ein Wiener Frauenhaus flüchtete: „Ich hatte das Gefühl, in einer kleinen brutalen Welt eingeschlossen zu sein und niemand holte uns da raus."

Das Buch „Weil der Papa die Mama haut" ist als Grundlage und Hilfsmittel für Erwachsene gedacht, die mit Kindern über Gewalt in der Familie, deren Folgen und mögliche Auswege sprechen möchten, für Lehrer, Therapeuten, Pädagogen und Berater in der Frauen- und Kinderarbeit. Die Texte und Zeichnungen der betroffenen vier- bis 13jährigen Mädchen und Buben geben Antworten auf Fragen wie: Was ist ein Frauenhaus? Warum gehen Mütter mit ihren Kindern dorthin? Und wie lebt es sich da? Das Buch soll anderen Kindern zeigen, daß sie mit ihren traumatischen Erlebnissen nicht alleine sind und auch nicht „schuldig" sind.

„Jede fünfte Frau wird von ihrem Lebenspartner mißhandelt. Sehr oft sind auch die Kinder dieser Frauen den Übergriffen ihres Vaters ausgesetzt", begründen die Herausgeberinnen im Vorwort die Initiative zu dem Buch. Die Flucht ins Frauenhaus ist oft der einzige Ausweg, den Mißhandlungen zu entkommen. Das Kinderbuch will auch die in den Frauenhäusern geleistete Arbeit und die Funktion des Frauenhauses als Kinderschutzeinrichtung aufzeigen. 1996 wurden 1.082 Kinder mit ihren Müttern in österreichischen Frauenhäuser aufgenommen. Über die Hälfte der Kinder waren unter sechs Jahre alt.

Marion Gebhart von der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft wies in Zusammenhang mit der Buchpräsentation auf die neuen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie hin. Demnach kann die Polizei ab Mai den Täter aus der Wohnung weisen und ein Bückkehrverbot in die Wohnung und in deren Nähe aussprechen.

Weil der Papa die Mama haut

Hg.: L. Lercher, M. Haberl, K. Voggeneder und M. Geisler Verlag üonna Vita, Wien 1997 48 Seiten, geb., öS 181,-

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