Sabbat-Beginn im Weltall

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Angesichts der Verhältnisse in Österreich und anderswo, angesichts von Klimakatastrophe und Kriegen möchte man unseren Planeten bisweilen gern verlassen. Vor 50 Jahren gelang dies auf spektakuläre Weise: In wenigen Wochen jährt sich die erste Mondlandung. Zwar waren weder Neil Arm- strong,noch Buzz Aldrin jüdisch, aber seit den 60er-Jahren waren einige Juden im All. Deshalb und aus Prinzip hat das Judentum nach Lösungen für eine schwierige Frage gefunden: Nach welcher Zeit muss ein jüdischer Astronaut die Gebetszeiten, den Sabbat und die Feiertage einhalten? Je nach Flugbahn und Geschwindigkeit des Raumschiffs könnte eine Erdumkreisung und damit ein „Tag“ nur wenige Stunden dauern, und auch der Wochenrhythmus geriete gegenüber der Erde völlig durcheinander. Es gibt religionsrechtliche Gutachten (Responsen), die auf der Suche nach Lösungen auf den Talmud und andere Quellen der jüdischen Tradition zurückgreifen. Dazu gehört das Talmud-Traktat Schabbat (69b), wonach ein in der Wüste verirrter Jude unabhängig von Sonne und Mond sechs Tage zählen und den siebten als Ruhetag einhalten muss. Und der bedeutende Rabbiner Israel Lifschitz (1782–1860) entschied, auf Reisen in unerforschte Gegenden solle man sich an der Zeit seines Startortes orientieren, wenn man dorthin zurückkehren wolle.

Auf diese Tradition gestützt urteilte Rabbiner David Golinkin, ein führender Vertreter der jüdischen Strömung zwischen Reform und Orthodoxie, dass für amerikanische Astronauten die örtliche Zeit in Houston gelte, um Gebetszeiten und Beginn und Ende des Sabbats und der Feiertage zu errechnen. Für diejenigen, die trotz der Verhältnisse auf Erden nicht ins All fliegen können, sondern etwa in Wien bleiben, gilt: der Sabbat beginnt am kommenden Freitagabend um 20.34 Uhr.

Der Autor ist Wissenschafter am Institut für Jüdische Theologie der Universität Potsdam

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