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Schweigen der Hirten

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Sie nennen sich „Episkopoi” -Aufseher, unsere Bischöfe, und haben tatsächlich ein waches Auge auf uns. Was in den Schlafzimmern passiert, ist ihnen Daueranlaß zu Ermahnungen. Dagegen ist grundsätzlich kaum etwas einzuwenden. Mit speziellen Aussagen wird man sich immer wieder gründlich auseinanderzusetzen haben. Den Bischöfen geht es um das richtige christliche Menschenbild, um Warnungen vor Abweichungen, um die Aufforderung, das Leben in Übereinstimmung mit der göttlichen Ordnung zu bringen.

Wie oben erwähnt, zeichnen sie sich dabei nur auf einem Gebiet besonders aus. Was heute in der Gesellschaft passiert, scheint viele nicht sonderlich zu interessieren. Wie anders ist es sonst zu erklären, daß die Hirten zum Leiden ihrer Lämmer schweigen? Ist das, was in Oberwart, in Stinatz passierte, kein Anlaß zu einem Aufschrei der „Episkopoi”?

Ein Alterzbischof und der zuständige Diözesanbischof waren zunächst die einzigen, die sich zum Terror zu Wort meldeten. Ist unser gesellschaftlicher Zustand kein Anlaß zu einer „Krisensitzung” der Bischofskonferenz, um den richtigen Weg, die richtige Ordnung anzumahnen? Wo bleibt die Stimme des Vorsitzenden, der laut Statut auch Sprecher der Bischofskonferenz ist, ein Faktum, das immer wieder betont wird?

Natürlich können auch Bischöfe keine Patentrezepte anbieten, natürlich hören Terroristen nicht auf sie - viele Einwände sind möglich. Sind sie nur Ausreden oder Ausdruck eines Wurstigkeitsstandpunktes? Katholische Publizisten haben unlängst vor den Weihbischöfen Schönborn und Werner (Seite 13) ihre Bestürzung über das Schweigen der Hirten zum Ausdruck gebracht. Warum hören Bischöfe nicht auf „ihre” Experten und lernen von diesen? Ein tiefes Mißtrauen zu den Medien schneidet sie von der Wirklichkeit ab. Bischöfe brauchen keine Medienfachleute zu sein, es genügte schon, wenn sie sich in entscheidenden Dingen einfach menschlich zur Wort meldeten.

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