Sende deine Güte und Treue

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Krieg ist. Gedanken zur Passionszeit 2022.

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Krieg ist. Gedanken zur Passionszeit 2022.

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Wie sie gewachsen ist, die Mulde. Unvorstellbar. Aber natürlich haben wir es geahnt, ach, gewusst, was wir nicht wissen wollten. Krieg ist. Unsere Zeit atmet immer und längst schon wieder aus dem Vorrat dieser Zukunft. Es ist eine Zeit, da jeder raum mindestens eine utopiegefahr enthält, wie Lea Schneider in „Invasion rückwärts“ meint. Ich kennte keine schönere Sehnsucht als jetzt diese: den Film der Machtergreifung rückwärts­zudrehen, bis dorthin, bevor es beginnt.

Krieg sei nicht der kollektive Kulminationspunkt individuellen Tötens, Krieg sei „ein gesellschaftlicher Zustand, und Sprache und Bilder waren von Anfang an Teil des Krieges“ – mit, so meine ich, massenhafter Beteiligung; das ist uns kriegsklar mit Bernd Hüppauf. Die Sagbarkeit der Undinge hat uns wohl heimlich aufgeschreckt. Doch plötzlich sind wir alle in der Falle: so ist das, wenn man gruppe mit / schutz verwechselt, weiß Lea Schneider.

Die Krone der Gefahr verschlingt das Glücksreservoir. Alles war schon einmal da. Bis es wieder deutlich wird und uns ausdeutet, sich dann abbildet im Gegenüber, in einem Menschsein, in dem sich etwas manifestiert hat, das mit allem Menschsein zu tun hat: die Amokexistenz im Selbstlauf.

In die Mulde meiner Stummheit / leg ein Wort / und zieh Wälder groß zu beiden Seiten, / daß mein Mund ganz im Schatten liegt, singt Ingeborg Bachmann in ihrem „Psalm“ über den Krieg.

In diesen ersten Tagen der Passionszeit will ich mit der Losung zum Donnerstag, dem 3. März, Gott bitten: Sende deine Güte und Treue. Damit die Mulde sich schließt, will ich
dem Leben vertrauen, qui tollis peccata mundi. Könnte das eine neue Manifestation
von Menschsein werden? Du Trostleben, darin eine oder einer sich wünscht – wie Frau
Schneider: dabei bräuchte ich bloß genug autorität, um „liebe“ zu sagen.

Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i. R.

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