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„Weiblich" und „heilig" — zwei widersprüchliche Symbolwelten

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So, wie es ist mit der Kirche und den Frauen, kann es nicht bleiben - das geht aus Eva Rossmanns Buch klar hervor, wie übrigens auch aus so gut wie allen anderen Publikationen, die zu dem Thema schon veröffentlicht worden sind. Und auch so gut wie alle außer den allerstursten unter den männlichen Theologen sind mittlerweile bereit, zuzugeben: es gibt in Bibel .und Glaubenslehre keinen stichhaltigen Grund gegen die Frauenordi-nation. Also, was ist dann das Problem? Nur Trägheit? Männlicher Machthunger? Sexismus? Nichts, was unter dem nächsten Pontifikat nicht ziemlich leicht korrigiert werden könnte?

Wenn es nur so einfach wäre. Der Kirchensoziologe Paul Zulehner sagt, die Frauenordination sei eine „Kulturfrage" und er spricht von dem „Verdacht, daß in unserer Kultur die großen Symbolwelten des Heiligen und des Weiblichen massiv konkurrieren". Man kann es auch einfacher sagen: eine Kirche, in der - wie in der evangelischen —' auch weibliche Amtsträger am Werk wären, fänden viele Menschen in unseren Breiten gerecht, anständig, nützlich und positiv. Aber sie würde von ihnen vermutlich nicht mehr als „heilig" empfunden werden. Die evangelische Kirche hat in Deutschland eine viel bessere Presse als die katholische. Nur: die Leute gehen nicht hin - noch weniger als in die katholischen Gotteshäuser.

Nicht, daß die Frauen, die in der katholischen Kirche mehr Mitspracherecht fordern, nicht mittlerweile ihre eigenen Formen der Spiritualität und der „Heiligkeit" entwickelt hätten. Wer sich in tner Buchhandlung die Abteilung „Beligion" ansieht, könnte den Eindruck gewinnen, es gäbe bereits so etwas wie eine „Fraüenreligion", die jedenfalls an Quantität das traditionelle Theologie-Angebot weit überflügelt hat. Bei der Frauensynode in Gmunden konnte man einiges davon in der Praxis sehen: man tanzte, man legte einander die Hände auf, man sang „laudate deam - praise the goddess", man „erdete" sich und berichtete einander von „meinem Körper -meinem Haus". Das Ganze hieß „Liturgie".

Ist das die Zukunft? Ys gibt eine Tendenz unter religiös interessierten Frauen, jenseits der „Männerkirche", von der man enttäuscht ist, aber auch jenseits einer „geschwisterlichen" Kirche so etwas wie eine „weibliche Kirche" zu suchen. Manchen gefällt das, anderen - darunter, hier sei es offen gestanden, auch mir - geht es auf die' Nerven. In jedem Fall ist es ein deutliches Zeichen dafür, daß die alten Strukturen nicht mehr halten.

Die alte Kirche, mit ihrem, laut Zulehner, „archaischen Vorrat der Kirchenkultur", geht zu Ende. Eine neue ist noch nicht in Sicht. Ob sie kommt und wenn, wie sie aussehen wird, weiß vorderhand nur der Liebe Gott.

Die Autorin ist Journalistin.

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